Bundesrat zieht Bilanz aus 10 Jahren Mehrwertsteuer

Bern, 27.01.2005 - Der Bundesrat hat einen Bericht über mögliche Verbesserungen bei der Mehrwertsteuer (MWST) präsentiert. Dieser Bericht geht zurück auf ein Postulat von alt Nationalrat Hansueli Raggenbass vom Frühling 2003. Das zehnjährige Bestehen der MWST sollte zum Anlass genommen werden zu untersuchen, wie sich die MWST als allgemeine Konsumsteuer bewährt hat, welche Schwachstellen sie noch aufweist und welche Vereinfachungen und Verbesserungen möglich sind.

Am 19. März 2003 hatte alt Nationalrat Hansueli Raggenbass vom Bundesrat bis Ende 2004 einen Bericht verlangt, der über acht Fragen Auskunft gibt, unter anderem inwieweit sich die konkreten Regelungen des Mehrwertsteuerrechts als allgemeine Konsumsteuer bewährt haben, wo in der Umsetzung Schwachstellen und Mängel festgestellt worden sind und auf welche Weise die steuerpflichtigen Unternehmen entlastet und zu ihren Gunsten Vereinfachungen ergriffen werden können.

Erhebung der Probleme mittels Vernehmlassung

Zur Erfüllung des Postulats wurde eine Vernehmlassung bei Vertretern der Wirtschaft, der Wissenschaft und bei MWST-Praktikern durchgeführt. Der bundesrätliche Bericht gibt die Stellungnahmen ausführlich wieder. Schwerpunkte sind dabei die Probleme, die der Übergang von der Warenumsatzsteuer zur MWST bereitete, die Mängel und Schwachstellen des geltenden MWST-Gesetzes, die Massnahmen, welche eine Entlastung der steuerpflichtigen Unternehmen bewirken könnten und die vielfach als sehr formalistisch eingestufte Praxis der Eidg. Steuerverwaltung.

Grundsätzliche Stossrichtungen für die Reform

Weiter beleuchtet der Bericht die MWST aus wirtschaftstheoretischer Sicht. So wird unser geltendes MWST-Recht an den Kriterien einer „idealen MWST“ gemessen.

Eine Reform innerhalb des geltenden schweizerischen Mehrwertsteuersystems kann im Rahmen von zwei grundsätzlichen Stossrichtungen realisiert werden. Die erste beinhaltet eine Annäherung an das Ideal der MWST als reine Konsumsteuer. Die zweite Stossrichtung setzt auf administrative Vereinfachungen, um die Erhebungskosten der Verwaltung und vor allem die Entrichtungskosten der Steuerpflichtigen zu reduzieren.

Eine radikale Vereinfachung des MWST-Systems im Sinne der idealen MWST würde insbesondere eine Abschaffung der Steuerausnahmen (= unechte Steuerbefreiungen) und die Einführung eines Einheitssteuersatzes umfassen. Eine solche radikale Vereinfachung schneidet unter vielen Aspekten sehr positiv ab und wird daher von verschiedenen Vernehmlassungsteilnehmern angeregt. Für den Bundesrat stellt sie langfristig ein anzustrebendes Ziel dar.

Wegen des zu erwartenden starken politischen Widerstandes gegen die Verwirklichung einer idealen MWST möchte der Bundesrat das Schwergewicht vorerst auf Vereinfachungen innerhalb des heutigen Systems legen.

Reformvorschläge

So macht der Bundesrat in seinem Bericht denn auch konkrete Reformvorschläge. Diese stützen sich nicht nur auf Begehren, die in der Vernehmlassung zum Ausdruck gebracht wurden, sondern auch auf parlamentarische Vorstösse.

Zahlreiche der von den Vernehmlassungsteilnehmern aufgeworfenen Probleme lassen sich auf dem Wege einer Praxisänderung lösen, für welche die Eidg. Steuerverwaltung zuständig ist. Andere Massnahmen hingegen müssen vom ordentlichen Gesetzgeber beschlossen werden.

Im Bericht werden die einzelnen zur Disposition stehenden Praxis- und Gesetzesänderungen an den beiden Stossrichtungen (Annäherung an ideale Mehrwertsteuer und administrative Einfachheit) gemessen und gestützt darauf einer Gesamtbeurteilung unterzogen.

Vor einiger Zeit sind zwei Publikationen über die Belastung der Wirtschaft durch die MWST erschienen. Beide enthalten diesbezügliche Umfrageergebnisse. Die erste Umfrage führte der Schweizerische Gewerbeverband bei seinen 283 Mitgliedsverbänden durch, die zweite die Firma PricewaterhouseCoopers. An dieser Umfrage nahmen rund 600 Unternehmen teil. Die im Bericht dargelegten Reformvorschläge entsprechen in weiten Bereichen auch den Erwartungen, welche die Teilnehmer an diesen beiden Umfragen geäussert hatten.

Praxisänderungen

Was die Praxis betrifft, so hat die Eidg. Steuerverwaltung im Sinne von Sofortmassnahmen verschiedene Änderungen bereits auf den 1. Januar 2005 in Kraft gesetzt (bspw. in den Bereichen baugewerblicher Eigenverbrauch, Einschränkung der Eigenverbrauchsbesteuerung, Vorsteuerabzug bei Import oder bei Firmenneugründungen, Rechnungsstellung usw.). Weitere Praxisänderungen benötigen noch zusätzliche Abklärungen und sind auf den 1. Juli 2005 geplant (bspw. in den Bereichen Vorsteuerkürzung bei gemischter Verwendung, Offshore-Gesellschaften und Holdinggesellschaften, Sportanlässe, Rauchgaskontrollen, konzernintern erbrachte Leistungen usw.).

Gesetzesänderungen

Von den Gesetzesänderungen sind einige bereits entscheidungsreif (bspw. in den Bereichen Rechnungsstellung, höhere Mindestumsatzgrenze, Wechsel von der Saldosteuersatzmethode zur effektiven Methode, Berufsgeheimnis der Effektenhändler, internationaler Busverkehr usw.). Auch weitere Massnahmen sind nach dem Wunsch des Bundesrates umzusetzen; allerdings bedürfen sie noch einer vertieften Abklärung (bspw. im Bereich des Steuererlasses). Wenn immer möglich, sollen beide Gruppen von Gesetzesänderungen in einer einzigen Vernehmlassungsvorlage im Jahre 2005 präsentiert werden.


Adresse für Rückfragen

Heinz Keller, Eidg. Steuerverwaltung, Tel. 031 325 77 40



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