Bericht des Bundesrates zur Bankenstabilität vom 10. April 2024
Fragen und Antworten (PDF, 326 kB, 10.04.2024)Bericht des Bundesrates zur Bankenstabilität vom 10. April 2024
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Artikel 52 des Bankengesetzes verpflichtet den Bundesrat, der Bundesversammlung alle zwei Jahre über die Umsetzung der internationalen Too-Big-To-Fail-Standards zu berichten und allfälligen Anpassungsbedarf aufzuzeigen. Am 29. März 2023 hat der Bundesrat das Eidg. Finanzdepartement EFD zudem beauftragt, innert Jahresfrist unter Einbezug weiterer Bundesstellen und externer Gutachten die Umstände der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS und die damit verbundenen staatlichen Massnahmen sowie die Too-Big-To-Fail-Regulierung umfassend zu evaluieren. Der Bericht nimmt im Weiteren zahlreiche Fragestellungen und Anliegen aus parlamentarischen Vorstössen auf.
Der Bericht selber wird den Eidgenössischen Räten zur Kenntnis gebracht, muss von diesen aber nicht formell genehmigt werden. Die im Bericht vorgeschlagenen Gesetzesänderungen wird der Bundesrat dem Parlament separat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zur Genehmigung vorlegen.
Der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission PUK («Geschäftsführung der Behörden – CS-Notfusion») soll Ende 2024 publiziert werden. Deren Ergebnisse werden bei allfälligen künftigen Anpassungen des TBTF-Dispositivs mitzuberücksichtigen sein, insbesondere wenn es um die Rolle und Zusammenarbeit der Behörden geht. Der Bericht der Wettbewerbskommission zur Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wird voraussichtlich im Sommer 2024 veröffentlicht; er wird zurzeit von der FINMA analysiert.
FINMA und SNB haben auf Fachebene aktiv am Bericht mitgearbeitet und es fand ein regelmässiger Austausch statt unter den Behörden.
Too-Big-To-Fail-Thematik
«Too big to fail» charakterisiert Finanzinstitute, die aufgrund ihrer Grösse sowie Vernetzung mit dem Finanzsystem und der Volkswirtschaft vom Staat nicht fallen gelassen werden können. Die Massnahmen zur Beseitigung dieser Too-Big-To-Fail-Problematik sollen diese Risiken minimieren und die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Finanzkrisen und deren Kosten nachhaltig begrenzen und staatliche Beihilfen vermeiden.
Bankengruppen und Banken sind systemrelevant, wenn ihr Ausfall die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem erheblich schädigen würde. In der Schweiz werden vier Finanzinstitute von der SNB als systemrelevante Banken (SIB) eingestuft: UBS, Postfinance, Raiffeisen, Zürcher Kantonalbank (bis 2023 auch Credit Suisse). Systemrelevante Banken müssen höhere prudentielle Anforderungen einhalten als andere Institute. Darüber hinaus sind sie zur Erstellung eines Stabilisierungs- und Notfallplans verpflichtet. Zusätzlich erstellt die FINMA für diese Banken eine Abwicklungsplanung.
Die UBS (bis 2023 auch die CS) gilt gemäss Financial Stabilitiy Board zudem auch als global systemrelevant (G-SIB).
Das bestehende TBTF-Regelwerk, das seit 2012 im Bankengesetz eingeführt und schrittweise weiterentwickelt wurde, hat die Widerstandskraft der systemrelevanten Banken gestärkt. Dies hat sich zum Beispiel während der Covid-19-Pandemie gezeigt oder im Fall der Credit Suisse im Herbst 2022. Der Fall der Credit Suisse im März 2023 zeigte aber auch Schwachstellen und einen klaren Handlungsbedarf für eine Weiterentwicklung und Stärkung des bestehenden Regelwerks auf. So sind die Eigenmittelanforderungen grundsätzlich nicht vorausschauender Natur und die Eigenmittelausstattung des Stammhauses (sog. Parent-Bank) ist ein kritischer Punkt bei der Veräusserung ausländischer Beteiligungen. Bei der Liquidität übertrafen die Höhe und Geschwindigkeit der Abflüsse alle bisherigen Erfahrungswerte. Zudem reichte die ausserordentliche Liquiditätshilfe der SNB bei weitem nicht aus. Die Umsetzung des vorbereiteten Sanierungsplans der Credit Suisse schliesslich war mit erheblichen Nachteilen und Risiken verbunden. Es war fraglich, ob damit das Vertrauen der Märkte wiederhergestellt worden wäre.
Ja, dies ist das Ziel der Too-Big-To-Fail-Regulierung. Im Falle eines drohenden Konkurses ist die Abwicklung – wenn immer möglich in Form einer Sanierung – das vorbereitete Basisszenario. Ob unter gewissen Umständen – wie im Fall der Krise der Credit Suisse – auch andere nicht-staatliche Lösungen verfügbar sind und gewählt werden, lässt sich nicht für jeden denkbaren Fall vorhersehen. Klar ist jedoch, dass die Abwicklung in einem breiten Spektrum von Krisenszenarien umsetzbar sein muss.
Auf staatliche Nothilfe ist grundsätzlich und wenn immer möglich zu verzichten. Die TBTF-Regulierung hat zum Ziel, staatliche Beihilfen zu vermeiden. Trotzdem soll die Möglichkeit des Bundesrates, in konkreten Krisen im Landesinteresse und gestützt auf die Bundesverfassung Notrecht anzuwenden, nicht kategorisch ausgeschlossen werden.
Mit der Weiterentwicklung des bestehenden Too-Big-To-Fail-Dispositivs kann die Wahrscheinlichkeit einer schweren Krise einer systemrelevanten Bank in der Schweiz signifikant reduziert werden. Im Falle einer Krise könnten zudem die bislang vorgesehenen Lösungen deutlich besser umgesetzt werden. Ein vollständiger und definitiver Ausschluss jeglichen Risikos ist nicht möglich oder würde jede wirtschaftliche Tätigkeit systemrelevanter Banken verunmöglichen.
Wie z. B. der Konkurs der reinen Investmentbank Lehman Brothers illustriert, sind auch Trennbanken nicht gefeit gegen Krisen. Grundlegende strukturelle Massnahmen stellen zudem nach Ansicht des Bundesrates einen unverhältnismässigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit dar.
Aufgrund der Grösse und der internationalen Verflechtung des Schweizer Bankensektors sind die Rahmenbedingungen zur Gewährleistung der Finanzstabilität für die Schweiz von besonderer Bedeutung. Daher gelten für systemrelevante Banken, nebst den Anforderungen, die für alle Banken gelten, zusätzliche regulatorische Anforderungen, das sogenannte TBTF-Dispositiv. Die Bilanzsummen der Schweizer Grossbanken lagen im Vergleich zum Bruttoinlandprodukt BIP deutlich tiefer als noch in der Finanzkrise 2007/8. Dies gilt auch für die neue UBS, auch wenn diese mit der Übernahme der Credit Suisse wieder deutlich gewachsen ist. Zudem ist nicht die Grösse einer Bank an sich entscheidend, sondern das von ihr eingegangene Risiko. Bereits bestehende und mit dem TBTF-Bericht vom Bundesrat neu vorgeschlagene Massnahmen u.a. im Eigenmittelbereich setzen Anreize, um sowohl das Risiko wie das Wachstum zu begrenzen.
Die Schweiz verfügt über einen breit aufgestellten und international ausgerichteten Finanzplatz, der direkt rund 5 Prozent zur Gesamtwertschöpfung beiträgt und über 100'000 Mitarbeitende beschäftigt. In seiner Finanzplatzstrategie von 2020 hat der Bundesrat die Ambition bekräftigt, dass der Finanzplatz Schweiz weiterhin zu den führenden internationalen Finanzzentren gehören soll. Daran hält der Bundesrat fest.
Die vorgeschlagenen Massnahmen fügen sich in die internationalen Regulierungen und Instrumente ein und stärken die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes, tragen gleichzeitig aber den besonderen Verhältnissen in der Schweiz als bedeutendem Finanzplatz mit der UBS als global systemrelevante Bank Rechnung.
Empfehlungen und Massnahmen
- Dispositiv im Bereich der Prävention stärken: Damit soll die Wahrscheinlichkeit, dass eine systemrelevante Bank in eine kritische Lage gerät, verringert werden.
- Liquidität in der Krise gewährleisten: Dies betrifft sowohl bankeigene Liquiditätshaltung, als auch Liquiditätsversorgung durch die Nationalbank und eine staatliche Liquiditätssicherung.
- Instrumentarium in der Krise erweitern: Dies beinhaltet erweiterte Abwicklungspläne und eine verbesserte Krisenzusammenarbeit der Behörden.
Die FINMA soll in unterschiedlichen Bereichen einerseits über explizitere, gesetzlich geregelte Anforderungen einfacher eingreifen können. Andererseits soll sie sich durch eine Erweiterung des Instrumentariums (bspw. im Bereich der Corporate Governance oder zwecks Frühinterventionen) effektiver durchsetzen können. Geprüft wird auch die Einführung einer Bussenkompetenz der FINMA gegen juristische Personen.
Die Eigenmittelanforderungen für systemrelevante Banken (SIBs) beinhalten bereits heute eine progressive Komponente, d.h. die prozentualen Anforderungen steigen in Abhängigkeit der Grösse und des Marktanteils der SIB. Dadurch steigen die Eigenmittelanforderungen für die durch den Zusammenschluss mit der Credit Suisse gewachsene UBS bis 2030 deutlich an, bei unveränderter Grösse im Vergleich zu heute nämlich um rund 10%.
Die Krise der Credit Suisse hat jedoch deutlich aufgezeigt, dass die Kapitalisierung des Stammhauses (Parent-Bank) zu gering war. Daher sollen für SIBs die Eigenmittelanforderungen für ausländische Beteiligungen des Stammhauses erhöht werden.
Zudem soll die Kapitalbasis der Banken und insbesondere der SIBs auch qualitativ gezielt gestärkt werden. Der für SIBs institutsspezifische Eigenmittelzuschlag (sog. Säule-2-Zu-schlag) soll um zukunftsgerichtete Elemente erweitert und von der FINMA basierend auf Stresstests und der laufenden Aufsicht regelmässig festgelegt werden. Bei der Festlegung der Säule-2-Zuschläge sollen Elemente wie Profitabilität und Risikoprofil des Geschäftsmodells, marktbasierte Indikatoren (z. B. Marktkapitalisierung, Ratings und Aufschläge für Kreditausfall-Swaps) und allenfalls Faktoren der Unternehmensführung (z. B. Komplexität und Corporate Governance) berücksichtigt werden. Die regulatorische Behandlung von in Krisen nicht hinreichend werthaltigen Aktiven (z. B. aktivierte Informatikkosten, latente Steueransprüche) sowie von schwer zu bewertenden Fair-Value-Positionen (solche ohne aktuelle Marktpreise oder beobachtbare Bewertungsparameter) soll überprüft und verschärft werden. Weiter soll die risikotragende Funktion der AT1-Instrumente im Going Concern gestärkt werden, d. h. bevor die betroffene SIB in einer Krise an den Zeitpunkt drohender Insolvenz gelangt.
Wie dies bereits heute der Fall ist, sind die Eigenmittenforderungen für SIBs von verschiedenen Faktoren abhängig – insbesondere der Grösse, dem Marktanteil und auch der Konzernstruktur. Dieses Prinzip, das sich als sinnvoll erwiesen hat, soll weiterhin so beibehalten werden. Durch die geplante Erhöhung der Eigenmittelanforderungen für das Stammhaus (Parent Bank) werden gezielte Verbesserungen vorgesehen. Diese Massnahme wird die Eigenmittelanforderungen der SIBs abhängig von der jeweiligen Konzernstruktur insgesamt erhöhen.
Das hängt letztlich von der konkreten Umsetzung der Massnahmen sowie von der künftigen Grösse und Struktur der UBS ab. Das Stammhaus (Parent-Bank) der UBS muss gemäss den heute geltenden Anforderungen eine Beteiligung an einer ausländischen Tochtergesellschaft zu ca. 60 Prozent mit Eigenmitteln unterlegen. Der Bundesrat strebt unter Abwägung der weiteren Massnahmen eine deutliche Erhöhung dieser Eigenmittelunterlegung an. Die Erhöhung der Anforderungen wird also substanziell sein, insbesondere auch, falls die UBS die aktuelle Grösse und Struktur beibehalten oder sogar wachsen würde. Die neuen Anforderungen vermindern den Anreiz, komplexe Firmenstrukturen aufzubauen.
Quantitativ sollen die Eigenmittelanforderungen für SIBs durch eine strengere Behandlung von ausländischen Beteiligungen auf Stufe des Stammhauses erhöht werden. Eine bessere Qualität der Eigenmittel soll erreicht werden, indem die regulatorische Behandlung von in Krisen nicht hinreichend werthaltigen Aktiven sowie von schwer zu bewertenden Fair-Value-Positionen überprüft und verschärft wird. Zudem soll die risikotragende Funktion der AT1-Instrumente im Going Concern gestärkt werden.
SIBs müssen in der Schweiz im Vergleich zu den übrigen Schweizer Banken und zu ausländischen Vergleichsbanken seit 1. Januar 2024 rechtlich geregelte zusätzliche Liquiditätspuffer halten (sog. TBTF-Liquiditätsanforderungen). Die FINMA hat diese institutsspezifischen Zuschläge festgelegt. Sie hat dabei die individuellen Risiken der SIBs berücksichtigt. Die Höhe der Zuschläge ist nicht öffentlich. Die Erhöhung der Liquiditätsanforderungen ist aber substantiell. Die Schweizer SIBs werden deutlich mehr Liquidität halten müssen als ausländische Vergleichsbanken. Die UBS und die restlichen SIBs haben bis Ende 2024 Zeit für den Aufbau der Liquidität. Dann wird man die Liquiditätsausstattung in den Bilanzen der SIBs sehen. Damit wird für SIBs die Stärkung der bankeigenen Liquiditätshaltung als erste Verteidigungslinie bereits umgesetzt. Die neuen Bestimmungen müssen bis Ende 2026 vom Eidgenössischen Finanzdepartement auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden.
Die bestehenden rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen sollen im Rahmen der Umsetzung eines parlamentarischen Postulats (23.3445 «Überprüfung des Instrumentariums der SNB») überprüft und gegebenenfalls präzisiert und weiterentwickelt werden. Ziel ist es, das Potenzial der Liquiditätsversorgung in einer Krise durch die Nationalbank sowohl über den Einsatz ordentlicher als auch ausserordentlicher Fazilitäten zu erweitern.
Nein. Dies wäre ein zu starker Eingriff in die Bezugsmöglichkeiten der Bankkundschaft sowie ins Geschäftsmodell der Banken. Einlegerinnen und Einleger sollen nicht per Regulierung an eine Bank gebunden und damit einem Risiko ausgesetzt werden, das sie von sich aus nicht tragen wollen. Die Einführung von Rückzugsbeschränkungen kann überdies dazu führen, dass Bankkundinnen und -kunden während einer Krise aufgrund der beschränkt abziehbaren Einlagensumme noch misstrauischer gegenüber der betroffenen Bank werden und den Einlagenabzug mit möglichem krisenverstärkendem Effekt zeitlich vorverlagern.
Ja. Massnahmen, die über den vorliegenden Gesetzesentwurf hinausgehen, wurden keine identifiziert. Eine Ausweitung des PLB auf nicht systemrelevante Banken wird nicht als zielführend erachtet.
Der Public Liquidity Backstop (PLB) ist eine staatliche Liquiditätssicherung, welche international zum Standard-Instrumentarium bei Bankenkrisen gehört. Sie kommt zum Tragen, wenn erstens die bankeigenen flüssigen Mittel nicht mehr ausreichen, um die finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen, und zweitens auch die Möglichkeit der Zentralbank, gegen ausreichende Sicherheiten ausserordentliche Liquiditätshilfe zu leisten, erschöpft ist. Dann erlaubt ein PLB in dritter Linie, dass die Zentralbank im Rahmen einer Sanierung der betroffenen Bank weitere Liquidität bereitstellt, die vom Staat garantiert ist. Die Höhe der Garantie wird im Einzelfall festgelegt.
Die Rechts- und Umsetzungsrisiken bei der Abwicklung einer systemrelevanten Bank – dies zeigte die Analyse des Falls Credit Suisse – müssen weiter minimiert werden. Bei der Credit Suisse waren diese im Vergleich zur Übernahme durch die UBS zu gross. Die Abwicklungsfähigkeit einer systemrelevanten Bank soll im Falle einer Krise als glaubhafte Option gesichert sein. Konkret sollen die für eine Abwicklung zur Verfügung stehenden Optionen erweitert und auf verschiedene Krisenszenarien zugeschnitten werden. Auch vorgeschlagene Massnahme bei den Eigenmitteln betreffend das Stammhaus (Parent-Bank) würden eine Abwicklung erleichtern.
Die FINMA kann schon heute Berufs- und Tätigkeitsverbote oder weitere Massnahmen gegen einzelne Personen aussprechen. In der Aufsichtspraxis ist es jedoch v.a. bei grossen Instituten schwierig, Individuen eine Regelverletzung konkret nachzuweisen. Auf internationaler Ebene existieren in einzelnen Jurisdiktionen Ansätze, um Individuen, die für einen Missstand direkt verantwortlich sind, vermehrt zur Verantwortung zu ziehen (UK, Hongkong, Singapur, Irland). Der Bundesrat schlägt vor, ein Verantwortlichkeitsregime (Senior Managers Regime) einzuführen und auf Stufe Gesetz als explizite Organisationsanforderung festzuhalten. Bei der Umsetzung ist darauf zu achten, dass sich der Aufwand für die betroffenen Institute in engen Grenzen hält und die Institute selber einen Nutzen ziehen können. Ein Senior Managers Regime soll insbesondere für systemrelevante Banken gelten. Es ist zu prüfen, ob ein solches Regime auch für andere Banken eingeführt werden soll. Der Bericht enthält zusätzlich aber auch
Massnahmen zur Konkretisierung der Corporate-Gonvernance-Anforderungen im Finanzmarktrecht (u.a. Verantwortlichkeit für Unternehmenskultur) sowie
verschiedene Vorschläge zur Sanktionierung von Fehlverhalten (u.a. Ausgestaltung von variablen Vergütungen oder Clawbacks, vgl. auch nächste Frage).
Im Kern geht es darum, dass das Finanzinstitut die wichtigen Verantwortungsbereiche des Unternehmens einer konkreten Person zuweist – einem Senior Manager. Für Senior Managers gelten sodann besondere Verhaltenspflichten. Sie müssen angemessene Massnahmen ergreifen, damit in ihrem Verantwortungsbereich kein Fehlverhalten auftritt. Pflichtverletzungen werden durch die Bank selber (z.B. über eine Kürzung der variablen Vergütung) oder aufsichtsrechtlich sanktioniert (u.a. Berufsverbot, Tätigkeitsverbot, Gewährsentzug).
Klare, rechtliche Grundlagen für Anforderungen und Eingriffe im Bereich der Vergütungen müssen zum Ziel haben, dass die Vergütungssysteme eng auf den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg eines Instituts ausgerichtet sind und keine diesem Erfolg abträgliche Risikonahme attraktiv ist. Die FINMA muss die Anforderungen durchsetzen können. Als zielführende Massnahmen beurteilt der Bundesrat z. B. eine Regelung zu Sperrfristen von variablen Vergütungsbestandteilen, die Bindung von variablen Vergütungen an Kriterien des langfristigen wirtschaftlichen Erfolgs sowie die Einführung von griffigen Rückforderungs-Klauseln (Clawbacks), mit deren Grundlage bereits ausgerichtete Vergütungsbestandteile zurückgefordert werden können.
Der Bundesrat spricht sich im Bericht für die Einführung «griffiger Rückforderungsklauseln» aus, auf deren Grundlage bereits ausgerichtete Vergütungsbestandteile zurückgefordert werden könnten. Der Bericht macht aber noch keinen konkreten Vorschlag zur Umsetzung solcher Rückforderungsklauseln.
Eine Limitierung oder ein Verbot variabler Vergütungen wird nicht als zielführend eingeschätzt. Wissenschaftliche Studien zeigen deutliche Nachteile auf. Beispielsweise werden höhere Fixgehälter als Nebeneffekt beobachtet. Damit steigen die Fixkosten für das Unternehmen, was insbesondere in Krisenzeiten die Möglichkeit zur Kostensenkung einschränkt.
Bussen der FINMA gegen natürliche Personen werden zum jetzigen Zeitpunkt nicht zur Umsetzung empfohlen, die Priorität soll auf den Prüfarbeiten zu den Bussen gegen juristische Personen liegen. Bei Verwaltungsbussen gegen Individuen besteht die Gefahr, dass sie die Abklärungen der Aufsicht im Rahmen von Enforcementverfahren beeinträchtigen und damit die Effektivität der Aufsicht schwächen. Die FINMA verfügt mit dem Berufs- und Tätigkeitsverbot, dem Gewährsentzug oder der Einziehung unrechtmässig erworbener Gewinne bereits über Sanktionsinstrumente gegenüber natürlichen Personen mit einschneidender Wirkung.
Die Credit-Suisse-Krise hat gezeigt, dass der Vertrauensverlust und die damit zusammenhängenden hohen Abflüsse von Einlagen kaum auf die Ausgestaltung des Einlegerschutzes zurückzuführen sind. Durch Anpassungen bei der Einlagensicherung kann daher lediglich eine äusserst geringe Entschärfung der TBTF-Problematik erzielt werden.
Die Einlagensicherung dient dem Schutz von Kontoguthaben von Kundinnen und Kunden bei Insolvenz einer Bank. In der Schweiz sichert die Einlagensicherung Einlagen bis zu einem maximalen Betrag von insgesamt 100'000 Franken je Kundin oder Kunde und Bank oder Wertpapierhaus.
Die Rollen und Verantwortlichkeiten sind weiter zu schärfen und die Zusammenarbeit und Entscheidfindung unter den Behörden FINMA, SNB und EFD sollen klarer geregelt werden. Dabei werden auch die Ergebnisse der Parlamentarischen Untersuchungskommission PUK zu berücksichtigen sein.
Weiteres Vorgehen
Der Bericht listet detailliert auf, welche Massnahmen auf welcher Stufe zu regulieren sind. Im Handlungsfeld der Eigenkapitalanforderungen und der Stabilisierungsplanung sind Massnahmen grösstenteils auf Verordnungsstufe zu regeln. Aus anderen Handlungsfeldern kommen einzelne Massnahmen dazu. Die Anpassungen auf Verordnungsstufe können direkt vom Bundesrat verabschiedet werden. In den Bereichen Liquiditätsversorgung, Corporate Governance und Abwicklungsplanung sind Gesetzesanpassungen erforderlich. Der Bundesrat wird entsprechende Anpassungen auf Gesetzesstufe vorbereiten und dem Parlament unterbreiten.
Der Bundesrat will das Massnahmenpaket rasch umsetzen. Ziel ist es, in der ersten Hälfte 2025 gleichzeitig zwei Pakete für die Umsetzung zu präsentieren. Eines mit Änderungen auf Verordnungsstufe, die vom Bundesrat verabschiedet werden können und eines mit den Eckwerten für die Änderungen auf Gesetzesstufe, welche dem Parlament unterbreitet werden. Der Zeitplan ist abhängig von den Publikationen der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) und der Wettbewerbskommission (Weko). Deren Schlussfolgerungen sollen einbezogen werden können.
Letzte Änderung 10.04.2024