Teilrevision Mehrwertsteuergesetz und Mehrwertsteuerverordnungen
Die Mehrwertsteuer ist in der Schweiz gesetzlich geregelt. Diese rechtlichen Grundlagen werden laufend an den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel sowie an die technischen Veränderungen durch die Digitalisierung angepasst.
Das Wichtigste in Kürze
Der Bundesrat hat die im Juni 2023 vom Parlament verabschiedete Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) im August 2024 per 1. Januar 2025 in Kraft gesetzt. Gleichzeitig tritt auch die teilrevidierte Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) in Kraft. Eine Ausnahme bildet die Portalpflicht für die Bereiche Saldo- und Pauschalsteuersatzmethode, Gruppenbesteuerung sowie die Abmeldung als steuerpflichtige Person, die erst auf den 1. Januar 2027 eingeführt wird. Die teilrevidierte MWSTV enthält einerseits die Ausführungsbestimmungen zum geänderten MWSTG und andererseits davon unabhängige Anpassungen, insbesondere betreffend Saldo- und Pauschalsteuersatzmethode und Portalpflicht.
Ebenfalls am 1. Januar 2025 tritt die Änderung der ESTV-Verordnung über die Höhe der Saldosteuersätze in Kraft. Die alle sieben Jahre durchzuführende Überprüfung der Saldosteuersätze hat bei rund 15 Prozent der Branchen und Tätigkeiten eine Steuersatzanpassung ergeben.
Die mit den Gesetzes- und Verordnungsänderungen zusammenhängende Praxis wird fortlaufend publiziert.
Gegenstand der Gesetzesänderung
Das Parlament hatte in verschiedenen Vorstössen folgende Reformen gefordert: Online-Versandhandelsplattformen sollen als Leistungserbringerinnen gelten und somit mehrwertsteuerpflichtig werden. Neu sollen die Versandhandelsplattformen alle Lieferungen von Waren deklarieren und versteuern, die über ihre Plattform abgewickelt werden. Ausländische Tour Operators sollen von der Steuerpflicht ausgenommen werden, wenn sie Reisen in die Schweiz organisieren. Produkte der Monatshygiene sollen dem reduzierten Steuersatz unterstellt werden. Von Gemeinwesen ausgerichtete Subventionen sollen nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, wenn sie zur Erfüllung grundlegender gesetzlicher Aufgaben ausgerichtet werden. Für die aktive Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen sowie für Leistungen der koordinierten Versorgung im Zusammenhang mit Heilbehandlungen sollen neue Steuerausnahmen eingeführt werden.
Eine Bedürfniserhebung bei den Steuerpflichtigen hat gezeigt, dass KMU künftig die Mehrwertsteuer freiwillig jährlich abrechnen sollen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV soll zudem ausländische Unternehmen von der Pflicht befreien können, eine Steuervertretung in der Schweiz zu bestimmen, wenn die Erfüllung der Verfahrenspflichten auf andere Weise sichergestellt ist.
Um wirksamer gegen sogenannte Serienkonkurse vorgehen zu können, soll die ESTV von Mitgliedern der geschäftsführenden Organe von Unternehmen Sicherheiten für Steuern, Zinsen und Kosten ihres Unternehmens verlangen können, wenn sie mehrere Unternehmen geführt haben, die innert kurzer Zeit in Konkurs gefallen sind.
Ebenfalls um Missbrauch zu verhindern soll neu die Bezugsteuerpflicht gelten für die Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen für Emissionsverminderungen, Herkunftsnachweisen für Elektrizität und ähnlichen Rechten.
Von Juni bis Oktober 2020 hat das Eidgenössische Finanzdepartement EFD eine Vernehmlassung zur Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes durchgeführt. 24 Kantone, fünf Parteien und 63 Organisationen haben sich geäussert. Die meisten Massnahmen wurden dabei vollumfänglich oder überwiegend begrüsst.
Die Mehrwertsteuer passt sich der Digitalisierung und Internationalisierung an
Eines der wichtigen Elemente der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes ist die Einführung der Plattformbesteuerung. Seit der letzten MWST-Revision (Inkrafttreten 2019) werden Versandhandelsunternehmen, die Waren in die Schweiz liefern, mehrwertsteuerpflichtig, wenn sie mit Kleinsendungen (MWST-Einfuhrsteuerbetrag unter fünf Franken) mindestens 100 000 Franken Umsatz erzielen. Es hat sich gezeigt, dass die Wirkung dieser Massnahme begrenzt ist. Das liegt unter anderem daran, dass viele kleinere Versandhandelsunternehmen die relevante Umsatzlimite nicht erreichen. Neu müssen die Versandhandelsplattformen alle Lieferungen von Waren deklarieren und versteuern, die über ihre Plattform abgewickelt werden. Zur Durchsetzung der neuen Regeln kann die ESTV administrative Massnahmen verfügen, wenn sich Versandhandelsplattformen oder -unternehmen zu Unrecht nicht registriert haben oder sie ihren Abrechnungs- und Zahlungspflichten nicht nachkommen. Sie kann ein Einfuhrverbot für Lieferungen des betreffenden Unternehmens und als letzte Massnahme die Vernichtung der Gegenstände verfügen. Zudem kann sie zum Schutz der Kundinnen und Kunden die Namen der Unternehmen veröffentlichen, gegen die solche Massnahmen zur Anwendung kommen.
Des Weiteren wird eine Informationspflicht für alle Online-Plattformen eingeführt. Die ESTV kann diese künftig auffordern, ihr mitzuteilen, wer über die Plattform Leistungen in einem Umfang anbietet, der die Steuerpflicht bei der Mehrwertsteuer auslösen könnte. Dabei geht es vor allem um Dienstleistungen im Bereich der Beförderung (Taxifahrten, Kurierfahrten) und der Beherbergung (Vermietung von Unterkünften), für welche die Plattformen nicht als Leistungserbringerinnen gelten.
Die Mehrwertsteuer wird einfacher
Heute kann die MWST vierteljährlich, halbjährlich oder monatlich abgerechnet werden. Neu können KMU freiwillig zusätzlich die Mehrwertsteuer jährlich abrechnen und dadurch den Abrechnungsprozess effizienter gestalten. Die jährliche Abrechnung ist verbunden mit der Verpflichtung zur Zahlung von Raten. Die Raten werden von der ESTV festgesetzt, in der Regel anhand der Steuerforderung der letzten Steuerperiode.
Bezeichnet ein Gemeinwesen von ihm ausgerichtete Mittel gegenüber den Empfangenden ausdrücklich als Subvention oder anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag, so gelten diese Mittel als Subvention oder anderer öffentlich-rechtlicher Beitrag.
Die ESTV kann darauf verzichten, ausländische Unternehmen zu verpflichten, eine Steuervertretung in der Schweiz zu bestimmen, wenn sie die Verfahrenspflichten auf andere Weise erfüllen.
Die Mehrwertsteuer wird teils reduziert oder aufgehoben
Für Produkte der Monatshygiene gilt neu der reduzierte Steuersatz.
Neu von der MWST ausgenommen sind:
- die durch inländische und ausländische Reisebüros weiterverkauften Reiseleistungen und ihre damit zusammenhängenden Dienstleistungen (ausländische Reisebüros werden somit nicht in der Schweiz steuerpflichtig, wenn sie Reisen in die Schweiz organisieren);
- die aktive Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen;
- die Leistungen der koordinierten Versorgung bei Heilbehandlungen;
- das Zurverfügungstellen von Infrastruktur an Belegärzte in Ambulatorien und Tageskliniken;
- die Betreuungs- und hauswirtschaftlichen Leistungen der privaten Spitex;
- das Zurverfügungstellen von Personal durch alle nichtgewinnorientierten Organisationen;
- das Anbieten von Anlagegruppen von Anlagestiftungen nach dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) und das Verwalten von Anlagegruppen.
Die Betrugsbekämpfung wird verbessert
Als Massnahme gegen Serienkonkurse ermächtigt das teilrevidierte MWSTG die ESTV, von Mitgliedern der geschäftsführenden Organe von juristischen Personen Sicherheiten zu verlangen, wenn sie dem geschäftsführenden Organ von mindestens zwei weiteren juristischen Personen angehörten, die innert kurzer Zeit in Konkurs gefallen sind.
Die Übertragung von Emissionsrechten ist im Bereich der MWST betrugsanfällig. Daher unterliegt die Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen für Emissionsverminderungen, Herkunftsnachweisen für Elektrizität und ähnlichen Rechten neu der Bezugsteuer und zwar auch dann, wenn der Bezug von einem Unternehmen mit Sitz im Inland erfolgt.
Inhaltsverzeichnis
Medienmitteilungen zum Thema
Publikationshinweis
Bericht in Erfüllung des Postulats 23.3132 Noser vom 14. März 2023 «Neuregelung der Mehrwertsteuer im Bereich der Gesundheit. Vereinfachung, Wettbewerbsneutralität und Entlastung der Konsumentinnen und Konsumenten».
Befristete Fortführung des Mehrwertsteuersondersatzes für Hotellerie: Vernehmlassungseröffnung
Der Mehrwertsteuersondersatz von 3,8 Prozent für die Hotellerie und Parahotellerie soll weitere acht Jahre fortgeführt werden. An seiner Sitzung vom 13. August 2025 hat der Bundesrat die Vernehmlassung eröffnet. Damit setzt er eine vom Parlament überwiesene Motion um.
Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV
Schweiz - 3003 Bern