Reform der Ehepaar- und Familienbesteuerung

In der Schweiz führt die gemeinsame Besteuerung von Ehepaaren zu einer Ungleichbehandlung gegenüber unverheirateten Personen. Der Bundesrat hat daher einen Wechsel zur Individualbesteuerung vorgeschlagen. Wie sieht dieser Wechsel aus?

Das Wichtigste in Kürze

Heute werden Ehepaare gemeinsam und unverheiratete Personen individuell besteuert. Bei Ehepaaren werden die beiden Einkommen für die Bestimmung der Steuerbelastung zusammengezählt. Bei unverheirateten Personen ist das individuelle Einkommen massgebend. Dies führt im progressiven Einkommenssteuersystem zu Ungleichbehandlungen zwischen verheirateten und unverheirateten Personen. Dabei spielt die Einkommensaufteilung zwischen den Eheleuten eine Rolle: Bei ungleicher Einkommensaufteilung ist die Steuerbelastung eines Ehepaars in vielen Fällen niedriger als bei einem unverheirateten Paar in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen. Ist die Einkommensaufteilung hingegen gleichmässig, können bei Ehepaaren auch Mehrbelastungen resultieren.

Mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Bundesgesetz über die Individualbesteuerung erfolgt ein Wechsel von der gemeinsamen Besteuerung eines Ehepaares hin zu einer individuellen Besteuerung. Damit kann die zivilstandsneutrale Besteuerung erreicht und damit die bestehende Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Personen beseitigt werden. Durch den Wechsel zur Individualbesteuerung verbessern sich die Erwerbsanreize für Zweitverdienerinnen und Zweitverdiener bei Ehepaaren, weshalb mit positiven Beschäftigungseffekten zu rechnen ist. Dies hängt damit zusammen, dass bei einer Aufnahme einer zweiten Erwerbstätigkeit oder bei einer Erhöhung des Zweitverdienstes auf das zusätzlich verdiente Einkommen eine geringere Steuerbelastung anfällt.


Ausgangslage

In der Herbstsession 2020 beschloss das Parlament, die Verabschiedung einer Botschaft des Bundesrates zur Einführung der Individualbesteuerung in die Legislaturplanung 2019-2023 aufzunehmen.

Der Bundesrat konzentriert sich auf eine Vorlage zur Einführung der Individualbesteuerung. Von Dezember 2022 bis März 2023 hat der Bundesrat eine Vernehmlassung durchgeführt. Gestützt auf das Ergebnis der Vernehmlassung hat er im August 2023 die Eckwerte für die Individualbesteuerungsvorlage festgelegt, die er bis im März 2024 dem Parlament vorlegen wird. Diese Vorlage wird zugleich als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung» dienen, die der Bundesrat zur Ablehnung empfiehlt.

Zentrale Massnahmen

Gemäss den vom Bundesrat festgelegten Eckwerten sieht die Vorlage zum Bundesgesetz über die Individualbesteuerung folgende Massnahmen vor:

  • Ehepaare sollen künftig wie unverheiratete Paare besteuert werden und zwei getrennte Steuererklärungen ausfüllen. Die Zuteilung der Einkommen und Vermögen erfolgt nach den zivilrechtlichen Verhältnissen.
  • Der Kinderabzug soll bei der direkten Bundessteuer von 6700 Franken auf 12 000 Franken pro Kind erhöht werden, da der Übergang zur Individualbesteuerung die Entlastungswirkung des Kinderabzugs bei Ehepaaren reduziert.
  • Die Vorlage sieht keine speziellen Abzüge für Haushalte mit nur einer erwachsenen Person oder für Ehepaare mit keinem oder geringen Zweiteinkommen vor.
  • Hingegen sieht die Vorlage eine Anpassung des Steuertarifs vor. So sollen die Steuersätze für tiefe und mittlere Einkommen abgesenkt und für sehr hohe Einkommen leicht erhöht werden. Diese Anpassungen verstärken die Progression des Tarifs; dem steht jedoch die Abschwächung der Progression namentlich bei Zweiverdienerehepaaren mit relativ gleichmässiger Einkommensaufteilung gegenüber, die durch den Wechsel zur Individualbesteuerung entsteht. Ziel der Tarifanpassungen ist eine gleichmässigere Entlastungswirkung der Reform über die Einkommensklassen.
  • Die Individualbesteuerung ist auf allen Staatsebenen vorgesehen.

Finanzielle Folgen

Der Bundesrat strebt mit der Reform eine steuerliche Entlastung und damit Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer von insgesamt 1 Mrd. Franken an. Davon entfallen 78,8 Prozent (rund 800 Mio. Franken auf den Bund) und 21,2 Prozent (rund 200 Mio. Franken) auf die Kantone.

Die Kantone werden die Individualbesteuerung im kantonalen Recht ebenfalls umsetzen müssen. Die finanziellen Auswirkungen hängen von der Ausgestaltung der Reform im kantonalen Recht ab, insbesondere von der Gestaltung des Tarifs. Aufgrund der Tarifautonomie der Kantone kann der Bund den Kantonen keine Vorgaben zur Tarifgestaltung machen. Der Bundesrat kann somit keine Aussagen dazu machen, welche finanziellen Auswirkungen sich bei den Kantonen und Gemeinden ergeben werden.

Weil auch die Kantone ihr Steuerrecht anpassen müssen, ist von einem längeren Umsetzungs-horizont auszugehen, womit die Mindereinnahmen erst in mehreren Jahren anfallen würden.

Volksinitiativen zur Paarbesteuerung

Die Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» des Vereins Individualbesteuerung Schweiz wurde am 8. September 2022 eingereicht.

Am 27. September 2022 wurde zudem die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative der Mitte mit dem Titel «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» gestartet. Die Sammelfrist läuft bis zum 27. März 2024.

Stand der Arbeiten

Der Bundesrat wird dem Parlament bis im März 2024 eine Vorlage zum Bundesgesetz über die Individualbesteuerung gemäss den festgelegten Eckwerten vorlegen. 

Weiterführende Informationen

Kontakt
Letzte Änderung 21.02.2024

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Verantwortliche Stelle

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV

Dossier der zuständigen Stelle

Reform der Ehe- und Familienbesteuerung

https://www.efd.admin.ch/content/efd/de/home/steuern/steuern-national/reform-der-ehe--und-familienbesteuerung.html