Reform der Ehepaar- und Familienbesteuerung
Ehepaare werden heute gemeinsam besteuert, was je nach Einkommensaufteilung zwischen den Ehegatten zu einer Mehr- oder Minderbelastung gegenüber unverheirateten Paaren führen kann. Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, ihm eine Botschaft mit einem Wechsel zur Individualbesteuerung zu unterbreiten. Wie sieht dieser Wechsel aus?
Das Wichtigste in Kürze
Heute werden Ehepaare gemeinsam und unverheiratete Personen individuell besteuert. Bei Ehepaaren werden die beiden Einkommen für die Bestimmung der Steuerbelastung zusammengezählt. Bei unverheirateten Personen ist das individuelle Einkommen massgebend. Dies führt im progressiven Einkommenssteuersystem zu Ungleichbehandlungen zwischen verheirateten und unverheirateten Personen. Dabei spielt die Einkommensaufteilung zwischen den Eheleuten eine Rolle: Bei ungleicher Einkommensaufteilung ist die Steuerbelastung eines Ehepaars in vielen Fällen niedriger als bei einem unverheirateten Paar in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen. Ist die Einkommensaufteilung hingegen gleichmässig, können bei Ehepaaren auch Mehrbelastungen resultieren.
Mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Bundesgesetz über die Individualbesteuerung erfolgt ein Wechsel von der gemeinsamen Besteuerung eines Ehepaares hin zu einer individuellen Besteuerung. Damit kann die zivilstandsneutrale Besteuerung erreicht und damit die bestehende Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Personen beseitigt werden. Durch den Wechsel zur Individualbesteuerung verbessern sich die Erwerbsanreize für Zweitverdienerinnen und Zweitverdiener bei Ehepaaren, weshalb mit positiven Beschäftigungseffekten zu rechnen ist. Dies hängt damit zusammen, dass bei einer Aufnahme einer zweiten Erwerbstätigkeit oder bei einer Erhöhung des Zweitverdienstes auf das zusätzlich verdiente Einkommen eine geringere Steuerbelastung anfällt.
Stand: November 2024
Ausgangslage
In der Herbstsession 2020 beschloss das Parlament, die Verabschiedung einer Botschaft des Bundesrates zur Einführung der Individualbesteuerung in die Legislaturplanung 2019-2023 aufzunehmen.
Am 8. September 2022 wurde die Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» eingereicht.
Am 21. Februar 2024 hat der Bundesrat die Botschaft zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» und zum indirekten Gegenvorschlag (Bundesgesetz über die Individualbesteuerung Individualbesteuerung) verabschiedet .
Der Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Individualbesteuerung dient als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung», die der Bundesrat zur Ablehnung empfiehlt.
Zentrale Massnahmen
Gemäss den vom Bundesrat festgelegten Eckwerten sieht die Vorlage zum Bundesgesetz über die Individualbesteuerung folgende Massnahmen vor:
- Ehepaare sollen künftig wie unverheiratete Paare besteuert werden und zwei getrennte Steuererklärungen ausfüllen. Die Zuteilung der Einkommen und Vermögen erfolgt nach den zivilrechtlichen Verhältnissen.
- Der Kinderabzug soll bei der direkten Bundessteuer von 6700 Franken auf 12 000 Franken pro Kind erhöht werden, da der Übergang zur Individualbesteuerung die Entlastungswirkung des Kinderabzugs bei Ehepaaren reduziert.
- Die Vorlage sieht keine speziellen Abzüge für Haushalte mit nur einer erwachsenen Person oder für Ehepaare mit keinem oder geringen Zweiteinkommen vor.
- Hingegen sieht die Vorlage eine Anpassung des Steuertarifs vor. So sollen die Steuersätze für tiefe und mittlere Einkommen abgesenkt und für sehr hohe Einkommen leicht erhöht werden. Diese Anpassungen verstärken die Progression des Tarifs; dem steht jedoch die Abschwächung der Progression namentlich bei Zweiverdienerehepaaren mit relativ gleichmässiger Einkommensaufteilung gegenüber, die durch den Wechsel zur Individualbesteuerung entsteht. Ziel der Tarifanpassungen ist eine gleichmässigere Entlastungswirkung der Reform über die Einkommensklassen.
- Die Individualbesteuerung ist auf allen Staatsebenen vorgesehen.
Finanzielle Folgen
Der Bundesrat geht bei der direkten Bundessteuer bezogen auf das Steuerjahr 2024 von schätzungsweise rund 1 Milliarde Franken Mindereinnahmen aus, wenn die Individualbesteuerung mit den Eckwerten eingeführt wird, die der Bundesrat zur Diskussion stellt. Davon entfallen 78,8 Prozent (rund 800 Mio. Franken auf den Bund) und 21,2 Prozent (rund 200 Mio. Franken) auf die Kantone.
Die Kantone werden die Individualbesteuerung im kantonalen Recht ebenfalls umsetzen müssen. Die finanziellen Auswirkungen hängen von der Ausgestaltung der Reform im kantonalen Recht ab, insbesondere von der Gestaltung des Tarifs. Aufgrund der Tarifautonomie der Kantone kann der Bund den Kantonen keine Vorgaben zur Tarifgestaltung machen. Der Bundesrat kann somit keine Aussagen dazu machen, welche finanziellen Auswirkungen sich bei den Kantonen und Gemeinden ergeben werden.
Weil auch die Kantone ihr Steuerrecht anpassen müssen, ist von einem längeren Umsetzungshorizont auszugehen, womit die Mindereinnahmen erst in mehreren Jahren anfallen würden.
Volksinitiativen zur Paarbesteuerung
Am 27. März 2024 ist zudem die Volksinitiative Der Mitte mit dem Titel «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» eingereicht worden.
Mit Verfügung vom 16. April 2024 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Volksinitiative mit 101 382 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist.
Die Initiative verlangt, dass das Einkommen eines Ehepaars bei der Berechnung der direkten Bundessteuer zusammengerechnet wird, ohne dass Ehepaare gegenüber anderen Steuerpflichtigen benachteiligt werden. Erfolgt nach einer Annahme dieser Volksinitiative die Umsetzung in den Steuergesetzen nicht innert drei Jahren, soll der Bundesrat mittels Verordnung für Ehepaare neben der gemeinsamen Besteuerung eine alternative Steuerberechnung anhand des Tarifs und der Abzüge für unverheiratete Personen gemäss der Gesetzgebung über die direkte Bundessteuer festlegen. Der tiefere der beiden berechneten Steuerbeträge soll in Rechnung gestellt werden.
Aktueller Stand
Den aktuellen Stand der Arbeiten können Sie der Website der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) entnehmen:
Medienmitteilungen zum Thema
Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare» ab
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 7. März 2025 die Botschaft zur Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» verabschiedet. Er lehnt die Initiative der Mitte-Partei ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag ab, da sie im Widerspruch zur Vorlage über die Individualbesteuerung steht, die der Bundesrat im Auftrag des Parlaments ausgearbeitet hat.
Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV
Schweiz - 3003 Bern