Das umfassende Dossier dokumentiert die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Es enthält relevante Informationen und Dokumente sowie umfangreiche FAQ.
Das Wichtigste in Kürze
Im März 2023 befand sich die Credit Suisse in einer akuten Vertrauenskrise. Der Bundesrat, die SNB und die FINMA mussten deshalb Mitte März sehr kurzfristig intervenieren, um die Schweizerische Volkswirtschaft zu schützen und Schäden für das Land abzuwenden. Am 19. März 2023 verabschiedete der Bundesrat ein Massnahmenpaket, das die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ermöglichte. Mit der Kombination aus dieser Übernahme und den staatlichen Begleitmassnahmen konnte das Finanzsystem nachhaltig stabilisiert werden. Zum Massnahmenpaket im Kontext der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS gehörten unter anderem eine Verlustübernahmegarantie des Bundes an die UBS im Umfang von 9 Milliarden Franken sowie eine Garantie an die SNB zur Absicherung von Liquiditätshilfedarlehen an die Credit Suisse im Umfang von 100 Milliarden Franken.
Die UBS kommunizierte am 11. August 2023, dass sie die Verlustgarantie des Bundes ersatzlos kündet. Gleichzeitig hob sie auch die Vereinbarung zwischen der Credit Suisse und der SNB über die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes ersatzlos auf, nachdem diese Darlehen vollständig zurückbezahlt worden waren. Die Beendigung der Verlustgarantie und der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes sind endgültig.
Der Bund musste aus diesen Garantieverhältnissen keine Verluste übernehmen. Mit der Beendigung dieser Garantien entfallen für den Bund und die Steuerzahlenden auch die damit verbundenen Risiken.
Faktenblätter
Fragen und Antworten (FAQ)
Die private Übernahme der Credit Suisse durch die UBS, unterstützt von staatlich garantierter Liquiditätshilfe, hat das Vertrauen in das Schweizer Finanzsystem gestärkt und für Stabilität des internationalen Finanzsystems gesorgt, und schwerwiegende Folgen für die Schweizer Volkswirtschaft abgewendet. Sie erfolgte zu den tiefst möglichen Kosten für den Staat und die Steuerzahlenden. Sämtliche involvierten ausländischen Aufsichtsbehörden haben das Vorgehen der Schweizer Behörden als zielführend erachtet. Dadurch wurden auch die internationalen Finanzmärkte beruhigt.
Der Konkurs einer systemrelevanten Bank wie der Credit Suisse hätte für die Schweiz dramatische Folgen gehabt. Banken generell, aber insbesondere systemrelevante Banken, spielen für das Funktionieren einer Volkswirtschaft eine Schlüsselrolle, da Unternehmen und Haushalte auf sie angewiesen sind, um wirtschaftlich tätig zu sein. Der Ausfall einer systemrelevanten Bank hat Folgen, die über den Verlust von Steuerbeiträgen oder von Arbeitsplätzen bei dieser Bank hinausgehen. Durch den Ausfall der Bank würden einerseits schweizweit hunderttausende von Kunden und Kundinnen – darunter viele KMUs – den Zugriff auf einen erheblichen Teil ihrer Bankguthaben verlieren und könnten innert kürzester Zeit ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Schweizweit wären KMUs und Haushalte kaum mehr in der Lage, wirtschaftlich zu funktionieren. Es würde ein «Grounding» der Schweizer Wirtschaft drohen.
Im Fall von global tätigen systemrelevanten Banken kommt verschärfend ein hohes Ansteckungsrisiko dazu. Die Feststellung, dass Kunden einer global tätigen systemrelevanten Bank nicht mehr in der Lage sind, über ihr Guthaben zu verfügen, würde sowohl in der Schweiz wie auch global einen Vertrauensverlust auslösen. Andere, grundsätzlich «gesunde», Banken in der Schweiz würden in Mitleidenschaft gezogen. Ein unkontrollierter Ausfall einer global tätigen systemrelevanten Bank könnte sodann eine globale Finanzkrise auslösen.
Liquiditätshilfe und Risiken für den Bund
Trotz der bankeigenen Liquiditätsversorgung und der ausserordentlichen Liquiditätshilfe der Nationalbank können Vorfälle eintreten, die zu einem abrupten Vertrauensverlust der Marktteilnehmenden in die Bank und damit zu Liquiditätsproblemen führen können. Dies kann selbst dann der Fall sein, wenn die Bank die regulatorischen Eigenmittelanforderungen erfüllt. Liquiditätshilfen wären auch bei alternativen Szenarien wie z. B. einer staatlichen Übernahme notwendig gewesen.
- 100 Milliarden Franken zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB für die Credit Suisse und UBS, abgesichert mit dem Konkursprivileg zugunsten der SNB, aber ohne staatliche Garantie des Bundes (so genannte zusätzliche Emergency Liquidity Assistance, ELA+).
- 100 Milliarden Franken gesicherte Liquiditätshilfe der SNB, abgesichert mit dem Konkursprivileg zugunsten der SNB, geknüpft an strenge Voraussetzungen und zusätzlich mittels staatlicher Garantie des Bundes abgesichert (Public Liquidity Backstop PLB). Das Konkursprivileg und die strengen Voraussetzungen reduzierten das Risiko für den Bund deutlich. Der Vertrag zwischen der SNB und der Credit Suisse zum PLB wurde per 11. August 2023 beendet.
- Maximal 9 Milliarden Franken staatliche Garantie an die UBS zur Absicherung von allfälligen Verlusten beim Verkauf von bestimmten Aktiven der Credit Suisse. Es handelte sich grundsätzlich um Aktiven, die nicht zur Strategie der UBS passen. Die ersten 5 Milliarden Franken an allfälligen Verlusten auf diesen Positionen wären in jedem Fall zu Lasten der UBS gegangen. Der Garantievertrag zwischen dem Bund und der UBS zur Verlustübernahme wurde per 11. August 2023 beendet.
Ausserhalb des Pakets vom 19. März 2023:
- 50 Milliarden Franken: Ausserordentliche Liquiditätshilfe der SNB. Dies gehört zu dem bestehenden Instrumentarium der SNB, über welche Banken bei der Nationalbank gemäss Richtlinien über das geldpolitische Instrumentarium Liquidität gegen Sicherheiten beziehen können (so genannte Emergency Liquidity Assistance, ELA). Die Credit Suisse hat gemäss eigener Mitteilung vom 16. März 2023 in diesem Rahmen bis zu 50 Milliarden Franken gezogen.
Ausstehende Darlehen der SNB, soweit es sich zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen im Sinne der Notverordnung handelt, werden im Konkursfall der zweiten Konkursklasse zugewiesen und somit gleich nach der ersten Klasse (u. a. Löhne von Arbeitnehmenden, Sozialversicherungsbeiträge) aus der Konkursmasse zurückbezahlt. Innerhalb der zweiten Konkursklasse werden diese Forderungen nach den privilegierten Verbindlichkeiten (z. B. Sozialversicherungsbeiträge, privilegierte Einlagen), aber vor den übrigen Forderungen der dritten Konkursklasse eingereiht.
Der Bund hat aus der staatlich garantierten Liquiditätshilfe und der Verlustgarantie insgesamt Einnahmen in der Höhe von rund 200 Millionen Franken erzielt (40 Millionen Franken aus Verlustgarantie, 100 Millionen Franken Bereitstellungsprämie Public Liquidity Backstop PLB, 60,6 Millionen Franken Risikoprämie für effektiv bezogenen PLB). Damit konnten Ausgaben gedeckt werden, die dem Bund namentlich für die Beratung im Rahmen der UBS-Garantie durch externe Experten entstanden sind.
Die staatliche Liquiditätssicherung gehört international zum Standard-Kriseninstrumentarium. Sie kann eine kritische Voraussetzung für die Fortführung der Geschäftstätigkeit einer systemrelevanten Bank sein. Staatliche Liquiditätssicherungen (Public Liquidity Backtop PLB) beruhen auf Empfehlungen des Financial Stability Boards (FSB) und sind in verschiedenen Jurisdiktionen (z. B. USA, UK, EU) in unterschiedlichen Ausprägungen eingeführt. Der Bundesrat musste während der Krise der Credit Suisse im März 2023 mittels Notverordnung handeln, weil die Schweiz keinen gesetzlich verankerten PLB kennt. Der Bundesrat hat im September 2023 die Botschaft ans Parlament zur Einführung des PLB ins ordentliche Recht verabschiedet.
Die entsprechenden Verträge wurden aufgehoben. Für den Bund sind damit die finanziellen Verpflichtungen in der Form von Verpflichtungskrediten weggefallen. Für den Bund bestehen diesbezüglich folglich keine finanziellen Risiken mehr.
Verlustgarantie
Anfang März befand sich die Credit Suisse in einer Vertrauenskrise. Sie konnte aus eigener Kraft das Vertrauen der Märkte und ihrer Kundinnen und Kunden nicht mehr herstellen. Ein Konkurs oder eine Sanierung war nicht mehr abwendbar. Damit stand auch die Schweizer Volkswirtschaft vor unabsehbaren Verwerfungen. Diese gravierenden Folgen konnten durch eine Übernahme der Credit Suisse durch die UBS abgewendet werden. Diese Übernahme erwies sich als die beste Gesamtlösung für die Finanzstabilität und die Schweizer Volkswirtschaft. Zentraler Baustein dieser Übernahme war die Bereitschaft des Bundes, allfällige Verluste von maximal 9 Milliarden Franken aus bestimmten Aktiven zu übernehmen, sofern die UBS ihrerseits mindestens 5 Milliarden Franken Verluste getragen hätte. Mit dem Garantievertrag wurden die Einzelheiten dieser Garantie geregelt. Die eingehende Analyse der mit der Übernahme der Credit Suisse übernommenen Aktiven erforderte Zeit. Die UBS kam danach zum Schluss, dass die Garantie nicht mehr notwendig sei.
Die UBS konnte nach dem Vollzug der Übernahme der Credit Suisse vom 12. Juni 2023 besser abschätzen, wie hoch die Verlustrisiken tatsächlich waren, die sich aus den im Garantievertrag definierten Aktiven der Credit Suisse ergaben. Mit der Kündigung verzichtete die UBS auf die Verlustgarantie des Bundes für diese Aktiven. Der Bund hat damit sein Ziel erreicht, eine Übernahme der Credit Suisse zu ermöglichen und damit den Finanzplatz zu stabilisieren, ohne den Staat zu belasten.
Die Kündigung war ein freiwilliger Entscheid der UBS. Der Garantievertrag erlaubte jederzeit eine sofortige Kündigung durch die UBS.
Die Kündigung des Garantievertrags ist endgültig. Die UBS verzichtete damit freiwillig auf die Verlustgarantie des Bundes. Die für den Garantievertrag notwendige rechtliche Grundlage (Art. 14a der Notverordnung des Bundesrates vom 16. März 2023) war bis zum 16. September 2023 befristet. Ohne rechtliche Grundlage und ohne genehmigten Verpflichtungskredit kann der Bund keine neue Verlustgarantie eingehen.
Der Bund hatte im Zusammenhang mit dem Garantievertrag spezialisierte, externe Beratung in Anspruch angenommen mit dem Ziel, die Risiken für den Bund und die Steuerzahlenden weitestgehend zu minimieren. Die Kosten für diese externe Beratung wurden durch die Vertragsabschlussgebühr (set-up fee) von 40 Millionen Franken mehr als gedeckt.
Die UBS bezahlte 40 Millionen Franken in Form einer Vertragsabschlussgebühr. Die erste Tranche von 20 Millionen wurde Ende Juni 2023 bezahlt und die zweite Tranche Ende September 2023.
Public Liquidity Backstop
Per Ende Mai 2023 zahlte die Credit Suisse die von ihr bezogenen Beträge des Public Liquidity Backstop (sog. Liquiditätshilfe mit Ausfallgarantie des Bundes) vollständig an die Schweizerische Nationalbank (SNB) zurück. Der nächste logische Schritt war die Kündigung des Darlehensvertrags zwischen der SNB und der Credit Suisse sowie des Garantievertrags zwischen dem Bund und der SNB.
Der Vertrag zwischen der SNB und der Credit Suisse AG wurde einvernehmlich beendet. Durch die Auflösung der Verträge für Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie in der Höhe von maximal 100 Milliarden Franken (Public Liquidity Backstop) entfiel auch die Garantie des Bundes. Der Bund musste unter dieser Garantie keine Zahlungen leisten und erlitt demnach auch keine Verluste. Insgesamt nahm der Bund mit der Ausfallgarantie für das SNB-Darlehen an die Credit Suisse bis zur Kündigung 161,3 Millionen Franken ein.
Die Beendigung des PLB-Vertrags ist endgültig. Die Credit Suisse (respektive die UBS als Rechtsnachfolgerin) verzichtete damit freiwillig auf Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes. Damit entfiel auch der für die Garantie nötige Verpflichtungskredit des Bundes. Ohne Verpflichtungskredit ist es nicht möglich, einen neuen Garantievertrag abzuschliessen.
Teilweise. Mit dieser Botschaft sollen zugleich die vom Bundesrat im März 2023 mittels Verordnung eingeführten Grundlagen für das Instrument eines PLB und weitere damals eingeführte Massnahmen zur Unterstützung der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS, die noch notwendig erscheinen, in ordentliches Recht überführt werden. Auf den ordentlichen Teil, die Einführung des Instruments des PLB, hatte die Kündigung des PLB-Vertrags keinen Einfluss. Aufgrund der Kündigung wurden aber die mit diesem Vertrag zusammenhängenden Bestimmungen der Verordnung vom 16. März 2023 gegenstandslos. Der Bundesversammlung wurden deshalb lediglich einzelne Verordnungsbestimmungen im Zusammenhang mit der Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen (ELA+) als formell-gesetzliche Bestimmungen unterbreitet.
Notrecht
Die bisherige TBTF-Regulierung hat zwar die Kapitalbasis und die Liquidität der systemrelevanten Banken gestärkt. Die Möglichkeit einer staatlichen Garantie für Liquiditätshilfe (Public Liquidity Backstop PLB), ein international bewährtes Instrument, hatte der Bundesrat zum Zeitpunkt der Krise der Credit Suisse jedoch erst in Eckwerten beschlossen und das entsprechende Gesetzesprojekt war in Vorbereitung. Angesichts der heftigen Marktturbulenzen, mit denen die Credit Suisse kämpfte, hat der Bundesrat dieses Instrument gestützt auf Notrecht gemäss Artikel 184 und 185 der Bundesverfassung erlassen, um die Stabilität der schweizerischen Volkswirtschaft und des globalen Finanzsystems zu sichern.
Erlasse des Bundesrats, die sich auf Art. 184 Abs. 3 und Art. 185 Abs. 3 BV stützen, sind immer zu befristen. Jede Notverordnung würde nach 6 Monaten dahinfallen, wenn bis dann dem Parlament keine Botschaft vorliegen würde (Art. 7d RVOG). Konkrete Massnahmen, die gestützt auf die Notverordnung getroffen wurden, haben aus Gründen der Rechtssicherheit weiterhin Bestand.
Im betroffenen Krisenfall bestand ein ausserordentliches Geheimhaltungsinteresse, insbesondere wegen den Geschäftsgeheimnissen und laufenden Verhandlungen. Es war wichtig, dass die Behörden von den systemrelevanten Banken alle relevanten Informationen erhielten. Das BGÖ hätte diesen Prozess hemmen können, da die betroffenen Institute hätten befürchten müssen, dass die Behörden Zugang zu den zur Verfügung gestellten Informationen und Unterlagen hätten gewähren müssen. Es hätte dazu führen können, dass die Institute relevante Informationen nicht, unvollständig oder mit grosser zeitlicher Verzögerung zur Verfügung gestellt hätten. In diesem Zusammenhang verweisen wir auch auf die Erläuterungen zur Notverordnung (Art. 6 Abs. 3).
Am 11. August 2023 wurden die gestützt auf die Verordnung ergangenen Darlehen und Garantien des Bundes beendet. Am 6. September 2023 beschloss der Bundesrat, Artikel 6 Absatz 3 der Notverordnung aufzuheben sowie auf eine Überführung der Bestimmung in ordentliches Recht zu verzichten.
Alternative Szenarien
Am 19. März 2023 standen zur Lösung der akuten Probleme der Credit Suisse mit einer Übernahme durch eine andere Bank, durch den Staat und einer Sanierung gemäss TBTF-Regulierung verschiedene Optionen offen. Nach sorgfältiger Prüfung erwies sich für den Bundesrat die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS aber als die beste Gesamtlösung für die Finanzstabilität und die Schweizer Volkswirtschaft.
Andere Optionen zu einer Übernahme durch die UBS waren:
- Übernahme durch den Staat (vorübergehende Verstaatlichung, Temporary Public Ownership): Eine vorübergehende Verstaatlichung der gesamten Credit Suisse Gruppe stand in den vorbereitenden Arbeiten aus ordnungspolitischen und rechtlichen Gründen sowie aus Risikoüberlegungen nicht im Vordergrund und wurde angesichts der real bestehenden Möglichkeit einer privaten Übernahme nicht prioritär weiterverfolgt. Mit einer Übernahme der Credit Suisse hätte der Bund sämtliche Risiken der Bank und auch deren Führung übernehmen müssen.
- Sanierung der Bank gemäss TBTF-Regime, inkl. Bail-in um die nötigen Verluste aus den darauffolgenden Restrukturierungsarbeiten zu absorbieren: Der massive Vertrauensverlust in die Credit Suisse war vor dem Wochenende vom 18. und 19. März derart umfassend, dass höchst fraglich war, ob eine erneute Kapitalerhöhung und eine Sanierung das notwendige Vertrauen wieder hätten herstellen können.
- Konkurs mit Auslösung des Notfallplans: Der Konkurs der Finanzgruppe unter Aktivierung des Schweizer Notfallplanes zur Fortführung insbesondere der systemrelevanten Funktionen in der Schweiz hätte in der damaligen Lage erst recht zu einer massiven Destabilisierung der Märkte geführt. Es wäre zudem höchst unsicher gewesen, ob die abgetrennte, überlebende Schweizer Bank in dieser Situation das Vertrauen der Märkte hätte nachhaltig zurückgewinnen können.
Die TBTF-Regulierung sieht vor, dass bei drohender Insolvenz einer Bank über einzelne rechtliche Einheiten ein Konkurs verhängt werden kann. Das bedeutet, dass man die ganze Bankgruppe in Konkurs gehen lässt und nur die Weiterführung der für die Schweiz systemrelevanten Funktionen der Bank sichert.
Dieses Szenario haben der Bundesrat und die Aufsichtsbehörden in der damaligen Lage mit weltweit angespannten Finanzmärkten als deutlich zu riskant erachtet.
Dies aus zwei Gründen:
- Erstens hätte es im damaligen, äusserst fragilen Umfeld eine internationale Finanzkrise auslösen können, mit enormen Auswirkungen für den Standort und Finanzplatz Schweiz.
- Zweitens war auch bei der Schweizer Bank das Vertrauen der Kundinnen und Kunden stark angeschlagen. Es wäre unsicher gewesen, ob die Abspaltung des Schweizer Geschäfts in dieser Situation das Vertrauen der Märkte in die Credit Suisse Schweiz AG hätte zurückgewinnen können.
Regulierungen
Die TBTF-Massnahmen (höhere Kapital- und Liquiditätsanforderungen und bessere Sanierungs- und Abwicklungsmöglichkeiten) sind dazu geeignet, die Wahrscheinlichkeit einer staatlichen Intervention zu verringern. Die Stabilität des Schweizer Finanzsektors insgesamt ist auch auf diese Massnahmen zurückzuführen. Verbunden mit dramatischen und raschen Geldabflüssen hatte jedoch die Credit Suisse trotz genügend Kapital und lange Zeit hoher Liquidität innert kürzester Zeit an Vertrauen verloren und war vom Konkurs bedroht. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Verankerung einer staatlich garantierten Liquiditätshilfe musste dies notrechtlich geregelt werden, um die Stabilität der Schweizer Volkswirtschaft und des Finanzsystems zu sichern.
Die bisherige Regulierung wird ständig überprüft und wenn nötig an neue Entwicklungen angepasst. Konkret hat der Bundesrat im September 2023 die Botschaft ans Parlament zur Einführung einer staatlichen Liquidationshilfe (Public Liquidity Backstop) ins ordentliche Recht verabschiedet. Zudem setzte der Bundesrat per 1. Juli 2022 höhere Anforderungen an die Liquiditätsausstattung für systemrelevante Banken in Kraft.
Der Bundesrat hat Ende März 2023 entschieden, die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS aufzuarbeiten und das TBTF-Regelwerk zu evaluieren. Der Bundesrat stützt sich dabei auf Artikel 52 des Bankengesetzes, der ihn zur regelmässigen Berichterstattung zu den systemrelevanten Banken verpflichtet. Der nächste entsprechende Bericht soll bis Anfang April 2024 vorliegen.
Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Berichts hat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) eine Arbeitsgruppe eingesetzt: Die Expertengruppe «Bankenstabilität» hat ihren Bericht gemäss Auftrag des EFD eingereicht. Der Bericht wurde am 1. September 2023 auf der Webseite des EFD veröffentlicht.
Die Ergebnisse des Berichts werden in die laufenden Arbeiten des EFD zuhanden des Bundesrates einfliessen.
Folgen für Dritte
Die Auszahlung von Dividenden war der Credit Suisse während der Dauer der beanspruchten staatlichen Unterstützung nicht erlaubt. Zudem hat der Bundesrat gemäss Artikel 10a des Bankengesetzes Massnahmen im Bereich der Vergütungen getroffen.
Ja. Damit ein Teil der regulatorischen Eigenmittel der Credit Suisse abgeschrieben werden kann (private Gläubiger sollen sich mit 16 Milliarden Franken1 an den Risiken beteiligen), wurde für die FINMA eine klarere Rechtsgrundlage geschaffen. Somit wurde sichergestellt, dass neben den staatlichen auch private Massnahmen ergriffen wurden.
1 Anpassung vom 20.03.2023: von «rund 17 Mrd. CHF» auf «16 Mrd. CHF» korrigiert
Ja, Einlagen bis 100 000 Franken sind sicher, selbst wenn es zu einem Konkurs gekommen wäre. Mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS und die staatliche Liquiditätsgarantie wurde das Vertrauen in die Stabilität der Bank gestärkt.
Es gibt bisher keinerlei Anzeichen für eine solche Entwicklung in der Schweiz. Es bestehen jedoch die entsprechenden Regulierungen und Instrumente.
Mitarbeitende und Löhne
Im Auftrag des Bundesrates strich oder kürzte das EFD per Verfügung die zum Zeitpunkt vom 23. Mai 2023 noch ausstehenden variablen Vergütungen der obersten drei Führungsebenen der Credit Suisse entweder ganz (Geschäftsleitung), um 50 Prozent (erste Führungsebene unter GL) oder um 25 Prozent (zweite Führungsebene unter GL). Damit wurde der Verantwortung der höchsten Kader für die Situation der Credit Suisse differenziert Rechnung getragen. Die Credit Suisse wurde zudem verpflichtet, die Möglichkeiten einer Rückforderung bereits ausbezahlter variabler Vergütungen zu prüfen und der FINMA und dem EFD Bericht zu erstatten. Gestrichen bzw. gekürzt wurden zudem die im Jahr 2023 angefallenen variablen Vergütungen, dies anteilsmässig bis zum Vollzug der Übernahme. Diese Massnahmen betrafen rund 1000 Mitarbeitende und 62 Millionen Franken variable Vergütungen.
Die Garantie des Bundes wurde nicht notwendig, weil die Bank in Schieflage geriet, sondern wurde prospektiv gesprochen, um eine Lösung betreffend die Credit Suisse zu ermöglichen. Kann die Bank kein wettbewerbsfähiges Vergütungssystem mehr bieten, besteht die Gefahr, dass daraus ein beträchtliches Risiko für die operationelle Stabilität und schliesslich das gesamte Geschäft der UBS entsteht, was zu vermeiden war.
Die UBS war jedoch verpflichtet, für die Abwicklung des Portfolios eine separate Organisationseinheit zu schaffen. Innerhalb dieser Organisationseinheit bestand eine Pflicht zur Implementierung von anreizfördernden Kompensationsregelungen für diejenigen Mitarbeitenden, die mit der Verwertung beauftragt waren. Die Vermögenswerte waren so zu verwalten, dass Verluste minimiert und Verwertungserlöse maximiert würden.
Einnahmenübersicht
Definitiver Stand per 31. Dezember 2023
Staatlich garantiertes Liquiditätshilfe-Darlehen zugunsten der Credit Suisse (Public Liquidity Backstop PLB)
Bereitstellungsprämie 0,25 Prozent pro Jahr für Liquiditätshilfe-Darlehen von 100 Milliarden Franken:
- Aufgelaufene Prämie (kumuliert 19. März 2023 bis 11. August 2023):
100,7 Millionen Franken
Risikoprämie von 1,5 Prozent pro Jahr für effektiv bezogenes Liquiditätshilfe-Darlehen
- Aufgelaufene Prämien (kumuliert seit 20. März 2023 bis 30. Mai 2023):
60,6 Millionen Franken
Zusätzlich zur Bereitstellungsprämie und Risikoprämie an den Bund bezahlte die Credit Suisse einen Zins und eine Risikoprämie an die SNB.
Die übrigen Liquiditätshilfen der SNB (ohne staatliche Garantie) sind hier nicht aufgeführt.
UBS-Verlustgarantie: Garantiegebühr
Vertragsabschlussgebühr (initial set-up fee):
- 40 Millionen Franken (in zwei Tranchen von je 20 Millionen Franken.)
Die Aufwände des Bundes für die UBS-Verlustgarantie (externe Beratung) betrugen 3,3 Millionen Franken.
Nicht zur Anwendung kamen aufgrund der Kündigung des Vertrags per 11. August 2023 folgende Bedingungen:
- Jährliche Aufrechterhaltungsgebühr (annual maintenance fee) von 0,4 Prozent auf 9 Milliarden Franken d.h. 36 Millionen Franken p.a. (ab Oktober 2023).
- Jährliche Risikoprämie (annual drawn portion fee) zwischen 0 und 4 Prozent auf 9 Milliarden Franken in Abhängigkeit der bereits realisierten und noch zu erwartenden Verluste.
Dokumentation
Parlamentarische Initiative: Einsetzung einer PUK zur Untersuchung der Verantwortlichkeiten der Behörden und Organe rund um die Credit Suisse Notfusion mit der UBS (PDF, 219 kB, 02.06.2023)Bericht des Büros des Nationalrates vom 30. Mai 2023
Stellungnahme des Bundesrates
Reformbedarf nach dem Untergang der Credit Suisse (PDF, 1 MB, 01.09.2023)Bericht der Expertengruppe «Bankenstabilität» 2023 - Originalsprache Deutsch
Medienmitteilungen
Änderung der Verordnung über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen und die Gewährung von Ausfallgarantien des Bundes für Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank an systemrelevante Banken
Medienkonferenz vom 19. März 2023
Letzte Änderung 22.04.2024