Abstimmungsvorlage zur OECD-Mindestbesteuerung vom 18. Juni 2023: Richtigstellung des von der WochenZeitung am 25. Mai 2023 publizierten Artikels.
Am 24. Mai online und am 25. Mai 2023 im Print hat die «WochenZeitung» einen Artikel unter dem Titel «Keller-Sutter verheimlicht ‘Plan B’» publiziert. Sie behauptet, Bundesrätin Karin Keller-Sutter halte für den Fall eines Neins einen «Plan B» bereit und habe eine «gestellte Frage» nicht beantwortet und damit die Öffentlichkeit «in die Irre geführt». Diese Darstellung der WochenZeitung ist falsch und irreführend.
Richtig ist:
Es gibt keinen Plan B, mit dem das EFD die Einführung der Mindestbesteuerung per 1. Januar 2024 sicherstellen könnte, wenn die Vorlage am 18. Juni 2023 an der Urne abgelehnt würde. Das haben Abklärungen des Departements bei der Steuerverwaltung ergeben. Das gilt unabhängig davon, ob eine Rückwirkung rein rechtlich möglich wäre. Folglich kann Bundesrätin Keller-Sutter auch keinen Plan B verheimlichen. Entgegen der Darstellung der WochenZeitung wurde Bundesrätin Karin Keller-Sutter auch nie danach gefragt, ob eine Rückwirkung rein rechtlich möglich wäre. Das ist auch der WochenZeitung bekannt.
Das EFD kann sich zur Frage der Rückwirkung wie folgt äussern:
Rein rechtlich ist eine Rückwirkung naturgemäss möglich, wenn sie direkt in der Verfassung verankert würde. Ob eine Rückwirkung in der Verfassung verankert würde, wäre jedoch das Ergebnis eines demokratischen Prozesses, das nicht vorweggenommen werden kann.
Die korrekte Antwort auf die Frage, was im Falle einer Ablehnung der Vorlage am 18. Juni geschehen würde, bleibt darum unverändert die Folgende:
Die Stimmbevölkerung entscheidet am 18. Juni über die Vorlage, die das Parlament im Dezember verabschiedet hat. Eine Annahme würde sicherstellen, dass die Schweiz die Mindestbesteuerung per 1. Januar 2024 einführen könnte, wenn dies nötig wäre, um Steuereinahmen in der Schweiz zu sichern. Das weitere Vorgehen im Falle einer Ablehnung dieser Vorlage könnte hingegen erst im Lichte einer Analyse des Abstimmungsergebnisses abschliessend beurteilt werden. Jedenfalls ist es nicht möglich, schon vor der Abstimmung Rechtssicherheit über ein allfälliges alternatives Vorgehen zu schaffen.
Die Tatsache, dass eine Rückwirkung rein rechtlich möglich ist, wenn man diese Rückwirkung direkt in der Verfassung verankern würde, ändert an der Gültigkeit dieser Aussage nichts.
Im Falle eines Neins müsste die Frage einer Neuauflage und einer allfälligen Rückwirkung demokratisch – und unter Einbezug der Kantone und Gemeinden – neu verhandelt werden; es bräuchte erneut eine Volksabstimmung sowie eine Zustimmung von Volk und Ständen zu dieser Neuauflage, damit die Schweiz die Mindestbesteuerung tatsächlich einführen könnte. Das Resultat dieses demokratischen Prozesses kann das EFD nicht vorwegnehmen.
Fazit: Wird die Vorlage am 18. Juni vom Volk oder von den Ständen abgelehnt, wäre unklar, ob und wann die Schweiz die Mindestbesteuerung einführen könnte.
WochenZeitung: «Schliessen Sie aus, dass im Fall eines Neins an der Urne diese Steuer rechtzeitig in Anführungszeichen umgesetzt werden kann?»
Bundesrätin Keller-Sutter: «(… ) Ich möchte hier nicht spekulieren. Also sicherlich wäre man nicht auf den 1. Januar 24 bereit. Das kann ich schon sagen, weil die Zeit nicht reichen würde für die Vorbereitung einer Vorlage und weil bereits mit den Parteien an den Von-Wattenwyl-Gesprächen vereinbart wurde, und der Bundesrat wird das noch bekräftigen, dass im November keine Abstimmung stattfinden wird. Aber es wäre sowieso sportlich. (…)»
SRF: «Madame Fontanet hat erwähnt, dass die Unternehmen sich Rechtssicherheit wünschen, sie möchten eine Ansprechstelle: Haben die Kantone denn einen Plan B in der Schublade im Falle eines Neins?»
Fontanet: « Non, en tout cas pour le canton de Genève, nous n’avons pas de plan B. Je pense que la conférence des directeurs des finances non plus. C’est une augmentation d’impôts qui en plus est consentie, ça serait extrêmement étonnant de se retrouver avec une population qui refuse une augmentation d’impôts et dont le seul sujet de refus serait la répartition d’éventuels bénéfices. Ça c’est encore quelque chose qui vraiment pourrait être réglé plus tard. Si on se rend compte que dans le cadre de la péréquation on n’arrive pas à suffisamment aider ou tenir compte de revenus supplémentaires qui sont entrainés par cette réforme, eh bien on pourra regarder après, mais on ne refuse pas une réforme qui est instaurée dans l’ensemble en tout cas des pays européens et dans 140 pays du monde parce qu’on n’est pas tout à fait d’accord – et je ne dis pas : pas d’accord du tout – mais pas tout à fait d’accord avec la répartition. C’est une augmentation d’impôts, ce sont nos emplois dans nos cantons qui en dépendent et de ce fait des recettes fiscales supplémentaires pour les cantons et pour la Confédération aussi et comme on l’a dit pour tous les cantons dans le cadre de la péréquation. Donc, à titre personnel, évidemment le peuple a toujours raison, c’est surtout lui qui a le dernier mot, mais je ne vois pas qu’il y ait de nature à s’opposer et à avoir un refus dans les urnes à ce projet. »
Bundesrätin Keller-Sutter: «Man muss einfach nochmals betonen, diese Mindestbesteuerung, sie kommt, mit und ohne Schweiz, das ist jetzt wie ein Naturereignis, es findet jetzt einfach statt. Und jetzt ist einfach die Frage, wollen wir diese Steuereinnahmen verschenken ans Ausland oder wollen wir sie selber abschöpfen. Das ist eigentlich die Grundfrage, nebst der Rechtssicherheit, die natürlich auch zu Recht erwähnt wurde, aber wollen wir das Geld in der Schweiz behalten oder wollen wir, dass es ins Ausland fliesst, darüber stimmen wir am Schluss ab.»
Letzte Änderung 25.05.2023