Der Bundesrat nimmt Stellung zum Kapitaleinlageprinzip

Bern, 14.03.2011 - Die Unternehmenssteuerreform II brachte eine Entlastung für das Gewerbe und stärkte damit die KMU. Gleichzeitig wurde durch steuerliche Massnahmen, u.a. das Kapitaleinlageprinzip, auch die Standortattraktivität für grosse Unternehmen erhöht. Der Bundesrat hat auf Basis der neuen Datenlage die langfristigen Auswirkungen der Einführung des Kapitaleinlageprinzips berechnen lassen: Jährlich kommt es ab 2012 bei Bund, Kantonen und Gemeinden zu Mindereinnahmen von bis zu 400 bis 600 Millionen Franken, bis die bestehenden Kapitaleinlage-Reserven aufgebraucht sind. Der Bundesrat hat von diesen Mindereinnahmen Kenntnis genommen. Er ist der Ansicht, dass auf eine Gesetzesrevision verzichtet werden soll. Eine solche würde nur einen Teil der steuerlichen Mindereinnahmen verhindern. Es geht auch darum, dass unsere Rechtsordnung berechenbar bleibt und aus Sicht des Wirtschaftsstandortes Schweiz kein problematisches Signal ausgesendet wird.

Für die Berechnung der finanziellen Folgen hat die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) Annahmen getroffen. Das Ausschüttungsverhalten von Gesellschaften kann nicht genau quantifiziert werden. Umfassende statistische Grundlagen stehen nicht zur Verfügung. Deshalb können auch nur grobe Grössenangaben gemacht werden. Langfristig rechnet der Bundesrat mit einem jährlichen Minderertrag von 200 bis 300 Millionen Franken bei der Verrechnungssteuer und einem gleichen Minderertrag bei den Einkommenssteuern von Bund, Kantonen und Gemeinden. Die geschätzten Mindereinnahmen bei der Verrechnungssteuer von 1,2 Milliarden Franken, die im Jahr 2011 einmalig anfallen, werden sich im Laufe der Jahre ausgleichen, denn dieser Effekt ist auf die zeitliche Verzögerung zwischen dem geringeren Eingang der Verrechnungssteuer und der sich daraus ergebenden Verminderung der Rückerstattung zurückzuführen.

Bundesrat gegen Gesetzesrevision

Wohl umstrittenster Punkt des Kapitaleinlageprinzips ist die Ausdehnung seiner Anwendung auf Kapitaleinlagen, die seit dem 1. Januar 1997 geleistet wurden. Der Bundesrat hatte seinerzeit in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagen, auf eine solche Rückwirkung zu verzichten. Aufgrund des Ergebnisses der Vernehmlassung wurde dieser Punkt in der Botschaft geändert und vorgesehen, dass bis zehn Jahre vor dem Inkrafttreten der Reform einbezahltes Agio auf Antrag berücksichtigt werden soll.

Aus Sicht des Bundesrates ist die mit dem Kapitaleinlageprinzip verfolgte Zielsetzung nach wie vor richtig. Auch bei der rechtlichen Ausgestaltung des Kapitaleinlageprinzips sieht er keine Notwendigkeit, auf die vom Parlament beschlossene und vom Volk angenommene Reform zurückzukommen. Er trägt dabei auch dem Umstand Rechnung, dass die Unternehmen in den Jahren 2009 und 2010 im Hinblick auf das Kapitaleinlageprinzip Dispositionen getroffen haben, die sie zum Teil nicht mehr rückgängig machen können.  Es geht darum, dass unsere Rechtsordnung berechenbar bleibt und aus Sicht des Wirtschaftsstandortes Schweiz kein problematisches Signal ausgesendet wird.

Das Kapitaleinlageprinzip dient der Standortattraktivität des Wirtschaftsplatzes Schweiz

Nach Ansicht des Bundesrates ist das Kapitaleinlageprinzip steuersystematisch korrekt und sachlich gerechtfertigt. Es ist ein wichtiger Beitrag zur Standortattraktivität der Schweiz. Die bis Ende 2010 geltende Regelung führte zu einer Besteuerung von Substanz, was aus steuersystematischer Sicht problematisch ist. Die Einführung des Kapitaleinlageprinzips stellte sicher, dass diese „Substanzsteuer" entfällt. Von der Verrechnungs- und Einkommenssteuer wird nur noch erfasst, was das Unternehmen mit dem zur Verfügung gestellten Kapital erwirtschaftet und als Ertrag an den Beteiligungsinhaber ausschüttet.

Der Bundesrat hat darauf hingewiesen, dass die neue Regelung zu Mindereinnahmen führen wird. Auf Grund fehlenden Zahlenmaterials wurden die Mindererträge jedoch nicht quantifiziert, weder in der Botschaft ans Parlament noch im Vorfeld der Volksabstimmung über die Einführung des Kapitaleinlageprinzips. Seit Anfang 2011 haben die Unternehmen in der Schweiz begonnen, die Höhe der getätigten Kapitaleinlagen und die beabsichtigte steuerfreie Rückzahlung bekannt zu geben. Die neue Datenlage erlaubt nun eine Schätzung der Mindereinnahmen.

Das Kapitaleinlageprinzip (KEP) gilt seit dem 1. Januar 2011. Es ist Teil des Bundesgesetzes vom 23. März 2007 über die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten und Investitionen (Unternehmenssteuerreform II), das im Februar 2008 in einer Volksabstimmung angenommen wurde. Durch das KEP werden offene Kapitaleinlagen der Beteiligungsinhaber bei Rückzahlung an diese bei der direkten Bundessteuer, bei den kantonalen Einkommenssteuern (aufgrund des Bundesgesetzes über die Steuerharmonisierung) und bei der Verrechnungssteuer steuerfrei.

Unter Kapitaleinlagen versteht man Einlagen, Aufgelder und Zuschüsse von Inhabern von Beteiligungsrechten (z.B. Aktionäre) an eine Gesellschaft bei deren Gründung oder Kapitalerhöhung. Werden solche Kapitaleinlagen über dem Nennwert des Grund- oder Stammkapitals geleistet, werden sie den Reserven zugewiesen. Dabei spricht man von der so genannten „Agio-Reserve". Die neuen Bestimmungen gelten für Kapitaleinlagen, die nach dem 1.1.1997 geleistet und separat ausgewiesen worden sind.

Die Kapitaleinlagen werden erst seit Anfang 2011 erfasst. Unternehmen können die Kapitaleinlagen in ihren Büchern erfassen, diese dokumentieren und der ESTV zur Vorprüfung unterbreiten. Grundvoraussetzung für eine steuerfreie Rückzahlung aus der Kapitaleinlagereserve ist, dass diese spätestens in der Handelsbilanz des im Kalenderjahr 2011 endenden Geschäftsjahres ausgewiesen wird. Zudem muss eine Meldung an die ESTV über den Bestand der Kapitaleinlagereserve erfolgt sein. Die Kapitalgesellschaften haben der ESTV zudem jede vorgenommene Veränderung zu melden und die obligationenrechtlichen Bestimmungen zu befolgen.

Auf Grund von Vorprüfungen der ESTV und von Meldungen der Gesellschaften sind bei Unternehmen in der Schweiz bis heute Kapitaleinlagen in der Höhe von gegen 200 Milliarden Franken erfasst worden. Diese können über mehrere Jahre verteilt steuerfrei zurückbezahlt werden, sofern die Unternehmen solche Rückzahlungen tätigen können und beschliessen. Für das Jahr 2011 haben bisher mehrere Gesellschaften in Jahresberichten oder Medienmitteilungen steuerbefreite Rückzahlungen im Umfang von rund 8 Milliarden Franken angekündigt.

 


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