Steuerlicher Handlungsbedarf zur Beibehaltung der Schweizer Standortattraktivität

Bern, 01.02.2006 - Standortentscheidungen von Unternehmen und die Wahl des Arbeits- respektive Wohnortes von Arbeitnehmenden hängen von verschiedenen Parametern ab, darunter auch den Steuern. Als kleine und offene Volkswirtschaft ist die Schweiz auf eine attraktive Steuerpolitik angewiesen. Diesbezüglich bescheinigen internationale Vergleichsstudien unserem Land eine hohe Standortattraktivität. Dies gilt insbesondere für die effektive Durchschnitts- und Grenzsteuerbelastung für Unternehmen. Ähnlich attraktiv ist die Schweiz auch als Standort für hoch qualifizierte, international mobile Arbeitskräfte. Trotz dieser günstigen Ausgangslage kann die dynamische Entwicklung des internationalen Steuerwettbewerbs den Steuervorteil der Schweiz langfristig in Frage stellen, falls nichts unternommen wird. Aus Standortsicht sind daher primär steuerliche Massnahmen zu Gunsten der besonders mobilen Steuerbasen zu treffen. Dies geht aus einem Bericht hervor, den der Bundesrat heute zur Kenntnis genommen hat.

Die Schweiz gilt gemeinhin als steuerlich attraktiver Wirtschaftsstandort. Stark ausgeprägte dezentrale Steuerkomponenten und direkte Volksrechte begünstigen ein mildes Steuerklima. Internationale Vergleichsstudien bestätigen dies mit Kennzahlen, die für die Wahl des Standorts wie auch des Investitionsvolumens entscheidend sind. Im Steuerbereich ragen folgende drei Tendenzen heraus, aus denen sich für die Schweiz ein Handlungsbedarf ableiten lässt:

  • Die dynamische Entwicklung des internationalen Steuerwettbewerbs stellt den Steuervorteil der Schweiz für die Zukunft in Frage. Verschiedene Länder haben jüngst die Steuerbelastung bei der Gewinnsteuer reduziert. Bei den Niedrigsteuerländern treten neben Irland vermehrt osteuropäische Staaten mit tiefen Gewinnsteuersätzen in Erscheinung. Mit der zunehmenden Integration in die EU und der wachsenden Rechtssicherheit wird sich deren Standortattraktivität in den nächsten Jahren weiter erhöhen. 
  • Für die Unternehmensbesteuerung zeigen die internationalen Vergleiche, dass die Schweiz bezüglich Besteuerung auf Stufe Unternehmen zu der Spitzengruppe zählt, dass aber die steuerlichen Vorteile für die Schweiz weniger ausgeprägt sind, wenn neben der Unternehmensebene auch die Steuerbelastung der Anteilseigner mit einbezogen wird. Lediglich die Niedrigsteuerkantone Nidwalden, Schwyz und Zug sind in der Spitzengruppe, während Kantone mit höheren Steuern hintere Plätze belegen.
  • Die Schweizer Standortattraktivität im Niedriglohnbereich ist problematisch. Das Sozialhilfeniveau ist höher als die durchschnittlichen Nettolöhne konkurrierender Staaten. Solange keine Lohnanpassungen möglich sind, entsteht ein erheblicher Migrationsdruck in die Schweiz im Niedriglohnbereich. Wird die Migration durch arbeitsmarktliche Massnahmen beschränkt, erhöht sich der Druck auf den heimischen Arbeitsmarkt über Auslagerungen arbeitsintensiver Prozesse, was zu Arbeitslosigkeit bzw. zu einer Migration der heimischen Arbeitskräfte in die sozialen Sicherungssysteme führt.

Der Bericht zeigt die grundsätzliche Stossrichtung der vom Eidgenössischen Finanzdepartement EFD verfolgten Steuerpolitik auf:

  • Die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II zielt auf eine Verbesserung der steuerlichen Situation der Anteilseigner ab. Durch die Möglichkeit zur Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer kann auch die Steuerbelastung auf Stufe Unternehmen gesenkt werden.
  • Im Bereich der Besteuerung des Faktors Arbeit beeinträchtigen hohe Grenzsteuersätze bei der Ehegattenbesteuerung sowie im Tieflohnsegment beim Übergang von Unterstützungsleistung zu Steuerzahlung die steuerliche Standortattraktivität der Schweiz. Die Milderung der Heiratsstrafe im Rahmen der Reform der Ehegattenbesteuerung zielt auf eine Senkung der Grenzsteuersätze ab. Für die Beseitigung der negativen Arbeitsanreize im Tieflohnbereich wird die Einführung erwerbsabhängiger Steuergutschriften von einer Expertengruppe geprüft.
  • Die Mehrwertsteuer beeinträchtigt indirekt über die Schattensteuer (so genannte Taxe occulte) die Standortattraktivität. Anlass für eine radikale Reform der Mehrwertsteuer ist die Verbesserung der Effizienz und die Senkung der Entrichtungskosten für die Steuerpflichtigen. Tiefere Entrichtungskosten bedeuten günstigere Kostenstrukturen, was international einen Wettbewerbsvorteil darstellt.
  • Der Steuerwettbewerb wurde durch den Eintritt der osteuropäischen Länder in die EU belebt. Die Schweiz muss sich dieser Herausforderung langfristig stellen. Dies geschieht mittels Prüfung langfristiger Steuerreformen (z.B. duale Einkommensteuer, Flat Rate Tax, verstärkte Konsumorientierung).


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Bruno Jeitziner, Eidg. Steuerverwaltung, Tel.: 031 324 91 35



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