Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Individualbesteuerung

Bern, 21.02.2024 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 21. Februar 2024 die Botschaft zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» und zum indirekten Gegenvorschlag (Bundesgesetz über die Individualbesteuerung) verabschiedet. Mit dem Wechsel von der Ehepaarbesteuerung zur Individualbesteuerung könnten die sogenannte Heiratsstrafe abgeschafft und positive Erwerbsanreize gesetzt werden. Der Bundesrat empfiehlt die Volksinitiative zugunsten des indirekten Gegenvorschlags zur Ablehnung.

Die Eckwerte der Reform hat der Bundesrat bereits im August 2023 gestützt auf die Resultate der Vernehmlassung beschlossen. Demnach sieht der indirekte Gegenvorschlag vor, alle Personen unabhängig von ihrem Zivilstand individuell zu besteuern. Die Einkünfte und Vermögenswerte von verheirateten Paaren werden dafür nach den zivilrechtlichen Verhältnissen aufgeteilt, wie es heute bereits bei unverheirateten Paaren erfolgt. Der Kinderabzug wird bei der direkten Bundessteuer von heute 6700 Franken auf neu 12 000 Franken erhöht und wird zur Hälfte zwischen den Eltern aufgeteilt. Weiter wird der Tarif der direkten Bundessteuer angepasst: Die Steuersätze für tiefe und mittlere Einkommen werden abgesenkt, der Grundfreibetrag wird erhöht und der Betrag, bei dem der Maximalsatz von 11,5 Prozent erreicht wird, gesenkt. Diese Tarifanpassungen ermöglichen eine gleichmässigere Entlastung der Reform über die Einkommensklassen.

Finanzielle Auswirkungen auf Bund und Kantone

Der Bundesrat geht bei einer Einführung der Individualbesteuerung bei der direkten Bundessteuer von schätzungsweise rund 1 Milliarde Franken Mindereinnahmen pro Jahr aus; diese Schätzung bezieht sich auf das Steuerjahr 2024. Davon tragen der Bund rund 800 Millionen Franken und die Kantone über den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer rund 200 Millionen Franken.

Da die Individualbesteuerung auf sämtlichen Staatsebenen umgesetzt werden soll, müssen auch die Kantone ihre Gesetze anpassen. Sie sind bei der Ausgestaltung der Tarife und Abzüge frei. Deshalb kann der Bund keine Aussagen über die finanziellen Auswirkungen der Reform auf kantonaler und kommunaler Ebene machen. In jedem Fall ist aufgrund der Komplexität des Systemwechsels von einem längeren Umsetzungshorizont auszugehen. Die Vorlage ist daher auch nicht in der Finanzplanung abgebildet.

Auswirkungen auf die Belastungsrelationen bei der direkten Bundessteuer

Schätzungen zufolge wird die Steuerlast mit dem indirekten Gegenvorschlag für eine deutliche Mehrheit der Steuerpflichtigen sinken.

Unverheiratete Personen mit Kindern erhalten im geltenden Recht einen privilegierten Tarif. Insgesamt muss diese Gruppe von Steuerzahlenden mit einer höheren Steuerlast rechnen, die jedoch durch die Erhöhung des Kinderabzugs und die Tarifanpassungen stark abgefedert und bei tiefen und mittleren Einkommen im Durchschnitt kompensiert wird.  

Für Ehepaare mit nur einem Einkommen oder einem niedrigen Zweiteinkommen kann die Reform wegen des Wegfalls des Verheiratetentarifs und der hälftigen Aufteilung des Kinderabzugs zu Mehrbelastungen führen; dies betrifft insbesondere Ehepaare mit Kindern in den mittleren und höheren Einkommensklassen.

Die grössten Entlastungen ergeben sich für Verheiratete mit eher gleichmässiger Einkommensverteilung zwischen den Eheleuten. Dies betrifft auch zahlreiche Rentnerehepaare. Dank der Anpassung des Tarifs werden auch die meisten unverheirateten Personen ohne Kinder entlastet.

Weil die Individualbesteuerung das tiefere Zweiteinkommen im Vergleich zur heutigen Ehepaarbesteuerung steuerlich entlastet, würde der Systemwechsel Erwerbsanreize setzen und könnte damit auch zu einer besseren Ausschöpfung des inländischen Arbeits- und Fachkräftepotenzials führen.

Gegenvorschlag zur Steuergerechtigkeits-Initiative

Das Bundesgesetz über die Individualbesteuerung soll als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung» (Steuergerechtigkeits-Initiative) dienen. Der Bundesrat erfüllt damit den Auftrag des Parlaments, das sich im Rahmen der Legislaturplanung 2019-2023 mehrheitlich für die Individualbesteuerung ausgesprochen hat. Die Volksinitiative empfiehlt der Bundesrat zur Ablehnung, weil mit dem indirekten Gegenvorschlag das gleiche Ziel schneller erreicht werden kann.

Das Parlament hat bis zum 8. März 2025 Zeit, eine Empfehlung zur Annahme oder Ablehnung der Volksinitiative abzugeben. Die Frist kann um ein Jahr verlängert werden, wenn ein Rat vorher einen Beschluss zum indirekten Gegenvorschlag gefasst hat.


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