Übernahme der EU-Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache (Beteiligung der Schweiz am Ausbau von Frontex)

Bei einer Stimmbeteiligung von 42,7 % haben die Schweizer Stimmberechtigten anlässlich der Volksabstimmung vom 15. Mai 2022 die Beteiligung der Schweiz am Ausbau von Frontex, der europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache mit 71,5 % Ja-Stimmen gegen 28,5 % Nein-Stimmen angenommen.

Das Wichtigste in Kürze

Die Schweiz gehört wie die meisten EU-Staaten sowie Norwegen, Island und Liechtenstein zum Schengen-Raum. Um die Sicherheit im Schengen-Raum zu gewährleisten, arbeiten die Schengen-Staaten eng zusammen. Die Aussengrenzen des Schengen-Raums werden systematisch kontrolliert. Frontex unterstützt die Schengen-Staaten dabei. Die Schweiz beteiligt sich seit 2011 an Frontex. Seit Ende 2019 wird Frontex von der EU finanziell und personell ausgebaut.

Bundesrat und Parlament wollen, dass sich die Schweiz am Ausbau von Frontex beteiligt. Es liegt im Interesse der Schweiz, bei den Kontrollen der Aussengrenzen und der Bewältigung der Migrationsbewegungen mitzuwirken und damit die Reisefreiheit im Schengen-Raum zu gewährleisten. Mit dem Ausbau von Frontex werden die Kontrollen an den Aussengrenzen verbessert und die Sicherheit erhöht. Zudem wird der Schutz der Grundrechte gestärkt.

Durch den Ausbau steigt auch der Umfang des Personaleinsatzes der Schweiz. Dieser wird sich von bisher durchschnittlich gut sechs Vollzeitstellen voraussichtlich schrittweise auf bis zu rund maximal 40 Vollzeitstellen im Jahr 2027 erhöhen. Finanziell unterstützt die Schweiz Frontex anteilsmässig. Als Grundlage für die Berechnung der Beitragszahlungen der Schweiz sowie der anderen assoziierten Staaten dient die Standardformel (Schengen-Schlüssel) gemäss Schengener Assoziierungsabkommen. Der Beitrag der Schweiz wird von 24 Millionen Franken im Jahr 2021 gemäss aktuellen Berechnungen bis 2027 auf schätzungsweise 61 Millionen Franken steigen.

Gegen diese Vorlage wurde das Referendum ergriffen, weil aus Sicht der Gegnerinnen und Gegner die Schweiz durch die finanzielle Unterstützung von Frontex Menschenrechtsverletzungen mitverantwortet. Bei einem Nein riskiert die Schweiz ihren Ausschluss aus Schengen/Dublin.


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Dokumentation

Eckwerte der Vorlage

Die Verordnung (EU) 2019/1896 über die Europäische Grenz- und Küstenwache (im Folgenden: Frontex-Verordnung) wurde am 13. November 2019 von der EU verabschiedet und trat am 4. Dezember 2019 in Kraft. Der Schweiz wurde sie am 15. November 2019 als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands notifiziert. Das Parlament hat die Vorlage im Oktober 2021 gutgeheissen.

Mit der revidierten Verordnung erhält Frontex mehr Mittel, um die Schengen-Aussengrenzen besser und effizienter schützen zu können.

Die wesentlichen Neuerungen betreffen:

Aufbau einer ständigen Reserve

Frontex soll bis 2027 eine ständige Reserve von bis zu maximal 10’000 Einsatzkräften aufbauen. Es handelt sich dabei um 3’000 Frontex-Angestellte und 7’000 Fachkräfte, die durch die Schengen-Staaten bereitgestellt werden. Auf diese Reserve wird nur dann zurückgegriffen, wenn sie lagebedingt gebraucht wird. Mit der Reform wird sich auch die Schweiz personell stärker beteiligen. Sie wird Frontex schrittweise mehr Personal zur Verfügung stellen; abhängig vom Bedarf werden es bis im Jahr 2027 rund 40 Vollzeitstellen sein.

Neue Aufgaben von Frontex im Rückkehrbereich

Künftig unterstützt Frontex die Schengen-Staaten auch stärker im Bereich der Rückkehr von ausreisepflichtigen Personen. Dies trägt dazu bei, dass Personen, die den Schengen-Raum verlassen müssen, nicht von einem Schengen-Staat in den nächsten weiterreisen. Die Asyl- und Wegweisungsentscheide werden von den einzelnen Staaten getroffen und nicht von Frontex.

Stärkung des Grundrechtsschutzes

Mit der Reform erhält das Amt des Grundrechtsbeauftragten von Frontex neu 40 Grundrechtsbeobachterinnen und -beobachter. Diese beaufsichtigen die Aktivitäten vor Ort, um allfällige Grundrechtsverstösse festzustellen. Bei Verletzungen der Grundrechte leiten sie Massnahmen ein. Seit 2021 unterstützen auch zwei Schweizer Expertinnen den Grundrechtsbeauftragten.

Der Schutz der Aussengrenzen bleibt in der Zuständigkeit der jeweiligen Staaten. Frontex leistet operative Unterstützung und unterliegt im Einsatz der Einsatzverantwortung des Staates, in welchem der Einsatz stattfindet.

Argumente

Gegen die Vorlage wurde das Referendum ergriffen. Aus Sicht des Komitees verantworte die Schweiz Menschenrechtsverletzungen mit, indem sie Frontex finanziell unterstütze.

Bundesrat und Parlament befürworten die Übernahme der neuen Verordnung. Frontex ist wichtig für die Kontrolle der Aussengrenzen und die Sicherheit sowie den freien Reiseverkehr im Schengen-Raum. Das liegt insbesondere im Interesse der Schweiz im Herzen Europas. Bei einem Nein riskiert die Schweiz ihren Ausschluss aus Schengen/Dublin. Die Beteiligung der Schweiz am Ausbau von Frontex ist also eine Investition in den Schutz der Schweiz.

Mit der Beteiligung an Frontex übernimmt die Schweiz ihren Teil der Verantwortung für den Schutz der Aussengrenzen und die Bewältigung der Migrationsströme. Die Schweiz ist im Verwaltungsrat von Frontex vertreten. Nur wenn die Schweiz die Reform mitträgt, kann sie die Entscheidungen sowie die strategische Ausrichtung von Frontex auch weiterhin mitgestalten und sich auch direkt dafür einsetzen, dass die Grundrechte eingehalten werden.

Lehnt die Schweiz die Umsetzung der Schengen-Weiterentwicklung ab, endet die Zusammenarbeit der Schweiz mit den Schengen- und Dublin-Staaten automatisch, es sei denn, die EU-Kommission und alle EU-Staaten sowie die Schweiz können sich innert 90 Tagen einstimmig einigen. Das Ende dieser Zusammenarbeit hätte schwerwiegende Folgen für die Sicherheit und das Asylwesen. Diese Konsequenzen wären im Alltag für alle spürbar – insbesondere mit Einschränkungen in der Reisefreiheit – und wären mit hohen Kosten für die gesamte Volkswirtschaft verbunden.

Ergebnis der Abstimmung

Bei einer Stimmbeteiligung von 42,7 % haben die Schweizer Stimmberechtigten anlässlich der Volksabstimmung vom 15. Mai 2022 die Vorlage mit 71,5 % Ja-Stimmen gegen 28,5 % Nein-Stimmen angenommen.

Medienkonferenz und Pressemitteilung

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Letzte Änderung 27.03.2024

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