Wahl zur Bundespräsidentin 2025
Ansprache von Bundesrätin Karin Keller-Sutter anlässlich ihrer Wahl zur Bundespräsidentin

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Es gilt das gesprochene Wort.
Frau Nationalratspräsidentin
Herr Ständeratspräsident
Geschätzte Mitglieder der eidgenössischen Räte
Ich danke Ihnen für diese Wahl, über die ich mich sehr freue –und ich möchte dem Vizepräsidenten des Bundesrates ganz herzlich zu seiner Wahl gratulieren.
Fast alles ist relativ, wie wir dank einem ehemaligen Bundesbeamten wissen, der dann auch noch einen Nobelpreis für Physik erhalten hat.
Relativ ist letztlich auch meine Wahl zur Bundespräsidentin.
Nicht aber die Aufgabe des Bundespräsidiums.
Diese wird in der Bundesverfassung in absoluter Kürze ausformuliert:
Art. 176 Abs. 1: «Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident führt den Vorsitz im Bundesrat.»
Im Gesetz steht es etwas konkreter:
«Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin sorgt dafür, dass der Bundesrat seine Aufgaben rechtzeitig, zweckmässig und koordiniert an die Hand nimmt und abschliesst»; er oder sie «koordiniert Angelegenheiten von wesentlicher Bedeutung […], bereitet die Verhandlungen des Bundesrates vor […] und schlichtet in strittigen Fragen».
Letztlich geht es also darum sicherzustellen, dass die Regierung als Kollegialbehörde entscheid- und handlungsfähig ist.
Das wird im Zentrum meiner Bemühungen als Bundespräsidentin stehen.
Denn der Bundesrat ist eben nicht nur eine vollziehende Behörde. Er muss auch ein verlässlicher Partner für das Parlament sein, eine umsichtige Leitung der Verwaltung und eine vertrauenswürdige Institution für die Bevölkerung.
Geschätzte Damen und Herren
Signore e signori
Mesdames, Messieurs
Wir leben in unsicheren Zeiten.
Terroranschläge, die Corona-Pandemie, Russlands Krieg gegen die Ukraine, das Versagen einer grossen Schweizer Traditionsbank, der Klimawandel, Autokraten, die den Gang der Welt mitbestimmen – wer hätte vor dreissig Jahren diese Zukunft vorausgesagt!
Viele sprechen von einer Zeitenwende. Doch wenn wir etwas weiter zurück in die Geschichte schauen, sehe ich eher das Ende einer aussergewöhnlichen Phase der Stabilität, eine Rückkehr zur Normalität, zum Normalzustand globaler Umwälzungen und Umbrüche.
Und es ist so: Veränderungen bringen Verunsicherungen. Nicht nur weit weg im Ausland, auch hier bei uns.
Wir haben heute ein Wohlstandsniveau, von dem die meisten unserer Eltern nur träumen konnten.
Wir leben in einer Zeit, in der wir, als Individuen und als Gesellschaft, mehr zu verlieren haben als unsere Vorfahren.
Und wir haben vielleicht auch etwas verlernt, mit Unsicherheit umzugehen.
Umso grösser ist das Bedürfnis nach Orientierung.
Und man findet Orientierung oft leichter im Groben, im Kontrast als in den Zwischentönen und Kompromissen.
Wir sind es uns in der Schweiz aber gewohnt, zu diskutieren, uns unsere eigene Meinung zu bilden – und wir wissen aus Erfahrung, dass die wirklichen Lösungen nicht im Kontrast liegen, sondern im Kompromiss.
Es stimmt: Vieles ist nicht in unserer Hand. Die Schweiz ist mehr denn je mit dem Rest der Welt verbunden. Oft braucht es ein Geben und Nehmen, um zu Lösungen zu kommen.
Aber es gibt viele Bereiche, in denen wir eigenständig handeln und den Spielraum nutzen können.
Selbst in der Migration oder beim Schutz vor dem Klimawandel.
Wir haben die Möglichkeit, uns auch wirtschaftlich in der Welt gut aufzustellen, indem wir für bessere Rahmenbedingungen sorgen.
Und zu diesen Rahmenbedingungen gehören die politische und die finanzielle Stabilität.
Solide Finanzen sind eine Voraussetzung für einen starken, souveränen und sozialen Staat.
Ich denke dabei auch an eine solide und nachhaltig finanzierte Altersvorsorge.
In all diesen Bereichen wird auch das nächste Jahr reich an Herausforderungen sein.
Es ist eine Frage des politischen Willens aller Institutionen, vom Bund, den Kantonen bis zu den Gemeinden, von den Parteien bis zu den Verbänden und Vereinen, ob wir diese Herausforderungen meistern werden.
Und ich bin zuversichtlich.
Wir haben ein äusserst beständiges Fundament, mit einer eingespielten direkten Demokratie, einem funktionierenden Föderalismus, einer leistungsstarken Wirtschaft.
Wenn wir dieses Fundament pflegen, wenn wir uns zusammenraufen, unsere Hausaufgaben machen, die Chancen packen, die sich uns bieten, dann können wir auch in einem schwierigen Umfeld einen entscheidenden Beitrag an den Wohlstand und damit auch an den sozialen Frieden in unserem Land leisten.
Es würde mich freuen, wenn wir in diesem Sinne wieder stolz darauf sein können, ein Sonderfall zu sein.
Preziadas damas, stimads signurs
Ich danke Ihnen für meine Wahl und für das Vertrauen, das Sie mir damit schenken. Vertrauen ist wichtig für die Zusammenarbeit.
Und ich habe vor, die Zusammenarbeit im Bundesrat und mit Ihnen, aber auch mit unseren wichtigsten ausländischen Partnern, mit der EU, mit den USA, gut zu pflegen.
Ich habe Respekt vor dieser Aufgabe. Und ich versichere Ihnen, dass ich sie nach bestem Wissen und Gewissen wahrnehmen werde.
Danke, merci beaucoup, grazie, grazcha fitch!
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Bundesrätin Karin Keller-Sutter

Präsidialjahr 2025
Karin Keller-Sutter amtet im Jahr 2025 als Bundespräsidentin.

Biografie
Bundesrätin Karin Keller-Sutter ist seit Januar 2023 Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartments EFD und ist seit 2019 im Bundesrat. Zuvor war sie Ständerätin des Kanton St. Gallen.

Autogrammkarte
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Interviews und Beiträge
Eine Auswahl an Interviews von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter.

Reden
Reden von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter im Wortlaut.





