Volksabstimmung vom 30.11.2025 - Die Volksinitiative der Jungsozialistinnen und -sozialisten (JUSO) «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)» verlangt die Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene. Sie gilt ab einem Freibetrag von 50 Millionen Franken. Danach beträgt der Steuersatz 50 Prozent. Vererbt beispielsweise eine Person 200 Millionen Franken, wären 50 Millionen steuerfrei. 150 Millionen Franken müssten zu 50 Prozent versteuert werden. Somit betrüge die Steuer 75 Millionen Franken.
Das Wichtigste in Kürze
24 Kantone erheben eine Erbschaftssteuer und 23 von ihnen auch eine Schenkungssteuer (Luzern erhebt keine Schenkungssteuer, Obwalden und Schwyz besteuern weder Erbschaften noch Schenkungen). Ehegatten und direkte Nachkommen sind in der Regel von der Steuer befreit oder unterliegen einem bescheidenen Steuersatz. Der Bund kennt keine Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Die «Initiative für eine Zukunft» verlangt die Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer des Bundes. Das Initiativkomitee geht von einem Ertrag von durchschnittlich 6 Milliarden Franken pro Jahr aus. Schätzungen des Bundes liegen deutlich tiefer und zeigen, dass die Initiative bei Bund, Kantonen und Gemeinden sogar zu tieferen Einnahmen als heute führen könnte, weil Betroffene wegziehen oder sich nicht in der Schweiz niederlassen und es dadurch auch zu Ausfällen bei den bestehenden Einkommens- und Vermögenssteuern kommen würde.
Medienkonferenz
Ausgangslage
Die Schweiz hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Treibhausemissionen bis 2050 auf Netto-Null zu senken. Für gezielte Fördermassnahmen stehen dem Bund heute jährlich über 2 Milliarden Franken zur Verfügung. Den Initiantinnen und Initianten geht die aktuelle Klimapolitik zu wenig weit. Sie fordern mehr Geld für die Klimapolitik, indem Erbschaften und Schenkungen ab 50 Millionen Franken vom Bund zu 50 Prozent besteuert würden. Über ein Vermögen über 50 Millionen Franken verfügen in der Schweiz schätzungsweise rund 2500 Haushalte.
Zentrale Massnahmen
Für die neue Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene muss die Verfassung angepasst werden. Die Initiative sieht hierzu folgende Bestimmungen vor:
Die neue Bundessteuer soll neben den bereits heute in den meisten Kantonen bestehenden Erbschafts- und Schenkungssteuern erhoben werden. Die Kompetenz der Kantone, eine Erbschafts- und Schenkungssteuer zu erheben, bleibt durch die Initiative unberührt.
Die Steuer soll ab einem einmaligen Freibetrag von 50 Millionen Franken auf der Summe des Nachlasses und aller Schenkungen angewendet werden. Der Freibetrag soll periodisch der Teuerung angepasst werden.
Der Steuersatz soll 50 Prozent betragen.
Der Ertrag der Steuer soll zu zwei Dritteln dem Bund und zu einem Drittel den Kantonen zufliessen und muss zur «sozial gerechten Bekämpfung der Klimakrise sowie für den dafür notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft» verwendet werden.
Der Bund erlässt Ausführungsbestimmungen zur Verhinderung von Steuervermeidung, insbesondere in Bezug auf den Wegzug aus der Schweiz, zur Aufzeichnungspflicht von Schenkungen und zu einer lückenlosen Besteuerung.
Der neuen Bundessteuer unterliegen Nachlässe und Schenkungen, die ab dem Zeitpunkt der Annahme der Initiative anfallen, auch wenn die Bestimmungen zur Umsetzung der Initiative erst später erlassen werden.
Die Volksinitiative könnte unter dem Strich zu weniger Einnahmen führen
Eine 50-prozentige Erbschafts- und Schenkungssteuer ab einem Vermögen von 50 Millionen Franken würde die Schweiz als Wohnsitzstaat für vermögende Personen weniger attraktiv machen. Dabei geht es um Personen, die bereits heute über die progressiven Einkommens- und Vermögenssteuern einen bedeutenden Beitrag an die Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden und damit auch an die Klimapolitik leisten.
Mit der vorgeschlagenen Erbschafts- und Schenkungssteuer würde es zu starken Verhaltensanpassungen der betroffenen Steuerpflichtigen kommen. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten von Prof. Marius Brülhart von der Universität Lausanne im Auftrag der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV). Gemäss seinen Schätzungen könnten zwischen 77 und 93 Prozent des potenziellen Steuersubstrats aus der Schweiz abwandern. Schätzungen der ESTV gestützt auf das Gutachten Brülhart sowie auf eine zusätzliche Datenerhebung bei den Kantonen ergeben sogar eine Bandbreite von 85 bis 98 Prozent. Damit würden aus der vorgeschlagenen Erbschafts- und Schenkungssteuer nur noch geschätzte Erträge von rund 100 Millionen bis 1,1 Milliarden Franken resultieren. Diesen neuen Einnahmen stünden zugleich bedeutende Ausfälle bei den bestehenden Einkommens- und Vermögenssteuern gegenüber. Unter dem Strich könnte die Initiative für Bund und Kantone daher zu Steuerausfällen bei den Einkommens- und Vermögenssteuern führen, auch weil Personen mit heutigem Wohnsitz im Ausland gar nicht erst in die Schweiz ziehen werden. Konkret schätzt die ESTV die Ausfälle gegenüber heute auf zwischen 200 Millionen und 3,6 Milliarden. Franken, wobei diese Schätzungen trotz verbesserter Datengrundlage nur grob sein können.
Risiken bei den Einkommens- und Vermögenssteuern bestehen in erster Linie bei den Kantonen und Gemeinden und in geringerem Masse beim Bund. Die Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene würde zudem das Potenzial der Kantone schmälern, Erbschaften und Schenkungen zu besteuern. Im Weiteren würden die Kantone zwar einen Teil aus der Erbschafts- und Schenkungssteuer des Bundes erhalten. Sie könnten über diese Mittel aber nicht frei verfügen, weil die Initiative die Verwendung der Gelder zugunsten der Klimapolitik vorschreibt.
Beginn der Besteuerung und Massnahmen gegen Steuervermeidung
Die Initiative verlangt, dass Nachlässe und Schenkungen ab Annahme der Initiative besteuert werden. Wenn also am Tag der Annahme der Initiative eine Person stirbt, unterliegt ihr Nachlass der Erbschafts- und Schenkungssteuer des Bundes. Die von der Initiative verlangten Bestimmungen zur Verhinderung der Steuervermeidung könnten hingegen erst ab deren Erlass (und damit nicht rückwirkend) angewendet werden. Es ist indes unklar, welche Massnahmen zur Verhinderung von Steuervermeidung überhaupt in Frage kommen und international auch durchgesetzt werden könnten; aus verfassungsrechtlichen Überlegungen ist eine Wegzugssteuer aus Sicht des Bundesrats ausgeschlossen. Dies wäre ein unverhältnismässiger Eingriff in die persönliche Freiheit und die Niederlassungsfreiheit. Ein Wegzug kann auch aus anderen Gründen als der Steuervermeidung erfolgen.
Die Schweiz betreibt bereits eine aktive Klimapolitik
Der Bundesrat teilt das übergeordnete Anliegen der Initiative mit Blick auf den Klimaschutz. Der Bund betreibt allerdings bereits eine aktive Klimapolitik. Mit dem Klima- und Innovationsgesetz, dem CO2-Gesetz und dem Stromversorgungsgesetz verfügt der Bund über die notwendigen gesetzlichen Instrumente, um das Ziel der Klima-Neutralität bis 2050 zu erreichen. Damit verfügt der Bund jährlich über mehr als 2 Milliarden Franken für den Klimaschutz und den Umbau der Energieversorgung.
Mit der von der Initiative vorgeschlagenen Finanzierung der Klimapolitik würden keine zusätzlichen Anreize für klimafreundliches Verhalten geschaffen, weil die neue Bundessteuer unabhängig davon geschuldet wäre, ob sich eine Person klimafreundlich verhält oder nicht. Es wären gar falsche Anreize möglich. Soweit die Initiative ihr finanzielles Ziel überhaupt erreichen würde, müssten die Steuereinnahmen aus der neuen Bundeserbschafts- und Schenkungssteuer unabhängig vom tatsächlichen Bedarf ausschliesslich für die Bekämpfung des Klimawandels verwendet werden. Damit würde das Risiko ineffizienter und nicht bedarfsgerechter staatlicher Ausgaben steigen und es wäre mit Mitnahmeeffekten zu rechnen.
Letzte Abstimmungen über eine nationale Erbschaftsteuer
Letztmals stimmte die Bevölkerung 2015 über die Einführung einer nationalen Erbschaftsteuer ab. Die Initiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)» forderte eine nationale Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Nachlässe und Schenkungen zu einem Steuersatz von 20 Prozent, nach Abzug eines einmaligen Freibetrags von 2 Millionen Franken. Die Initiative sah Steuerbefreiungen und -ermässigungen vor. Vom Ertrag sollten zwei Drittel an die AHV und ein Drittel an die Kantone gehen. Die kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuern sollten – anders als bei der aktuellen Vorlage - aufgehoben werden. Das Volk und die Stände lehnten die Initiativ am 14. Juni 2015 mit 71,7 Prozent ab.
Die Initiative der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten Schweiz verlangt die Einführung einer Bundessteuer von 50 Prozent auf Nachlässen und Schenkungen ab 50 Millionen Franken. Der Ertrag aus dieser Steuer soll zu zwei Dritteln an den Bund und zu einem Drittel an die Kantone gehen und -von Bund und Kantonen «zur sozial gerechten Bekämpfung der Klimakrise sowie für den dafür notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft» verwendet werden.
Nachlässe und Schenkungen ab 50 Millionen Franken sollen einer Steuer unterliegen. Nur der Teil, der diese Summe übersteigt, soll besteuert werden. Der Steuersatz darauf soll 50 Prozent betragen.
Beispiele:
Vererbt eine Person 200 Millionen Franken, wären 50 Millionen Franken steuerfrei. 150 Millionen müssten zu 50 Prozent versteuert werden. Somit betrüge die Steuer 75 Millionen Franken.
Eine Person verschenkt Vermögenswerte in der Höhe von 30 Millionen Franken. Da der Freibetrag von 50 Millionen Franken nicht ausgeschöpft wird, entstehen keine Steuerfolgen. Fünf Jahre später stirbt diese Person und hinterlässt ein Vermögen von 170 Millionen Franken. Von dem insgesamt verschenkten und vererbten Vermögen von 200 Millionen Franken unterliegen 150 Millionen Franken einer Besteuerung von 50 Prozent, was einem Steuerbetrag von 75 Millionen entsprechen würden.
Es handelt sich um eine Nachlasssteuer. Besteuert wird der Nachlass als Ganzes, bevor er an die Erben verteilt wird. Erst nach Abzug der Steuer wird der Nachlass an die Erben verteilt. Hingegen sind die kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuern als Erbanfallsteuern konzipiert; d.h. jeder einzelne Erbe bzw. Beschenkte muss auf seinem Anteil die Steuer entrichten.
Nach Ansicht des Bundesrats würde die Schweiz im Falle der Annahme der Initiative bei den vermögendsten Steuerpflichtigen erheblich an Attraktivität einbüssen. Diese Personen könnten sich veranlasst sehen, das Land zu verlassen oder sich gar nicht erst in der Schweiz niederzulassen. Die Initiative könnte demnach sogar Mindereinnahmen für Bund und Kantone zur Folge haben, wodurch das eigentliche finanzielle Ziel der Initiative, namentlich die Steuereinnahmen zu erhöhen, verfehlt würde (vgl. auch Frage 10).
Die Initiative sieht auch keine Ausnahmen für Vermögen vor, das mit einer Geschäftstätigkeit verbunden ist, wie Betriebsvermögen oder in Familienunternehmen gebundenes oder angelegtes Vermögen. Dies würde den laufenden Betrieb und die Nachfolgeplanung der Unternehmen stark erschweren, insb. wenn das Vermögen zur Bezahlung der Steuer aus dem Unternehmen herausgelöst werden müsste (vgl. auch Frage 8).
Aus Sicht des Bundesrats betreiben Bund und Kantone zudem schon heute eine kohärente Klimapolitik. Die Schweiz hat sich zum Netto-Null-Ziel bis 2050 bekannt und durch das Klima- und Innovationsgesetz, das CO2‑Gesetz und das Gesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien stehen pro Jahr bereits über 2 Milliarden Franken für die Bekämpfung des Klimawandels zur Verfügung. Die Initiative erweist sich daher als nicht notwendig (vgl. auch Fragen 19 und 20).
Obgleich die kantonale Zuständigkeit für die Erhebung von Erbschafts- und Schenkungssteuern von der Initiative nicht in Frage gestellt wird, würde die Initiative den fiskalischen Spielraum der Kantone einschränken und mit der Zweckbindung der Einnahmen ausschliesslich für die Klimapolitik auch in deren Finanzautonomie eingreifen (vgl. auch Frage "Welche Rolle würde den Kantonen im Falle einer Annahme der Initiative zukommen?").
Der Initiativtext sieht vor, dass die zur Umsetzung der Initiative zu erlassenden Ausführungsbestimmungen rückwirkend Anwendung finden auf Nachlässe und Schenkungen, die nach der allfälligen Annahme der Initiative ausgerichtet werden. Bei Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen würden also auch Nachlässe und Schenkungen besteuert, die bereits vorher, also im Zeitraum zwischen der Volksabstimmung und dem Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen, von einer Person mit Wohnsitz in der Schweiz ausgerichtet worden sind.
Das bedeutet konkret: Falls die Volksinitiative angenommen werden sollte und am Tag darauf eine Person in der Schweiz mit einem Vermögen von über 50 Millionen Franken stirbt, dann wird dieser Nachlass rückwirkend besteuert, sobald die entsprechenden Ausführungsbestimmungen in Kraft gesetzt wurden. Diese Rückwirkung gilt jedoch nicht für die gemäss der Übergangsbestimmung zu erlassenden Massnahmen zur «Verhinderung der Steuervermeidung» (vgl. auch Frage "Gilt die Rückwirkung auch für die von der Initiative geforderten Massnahmen zur «Verhinderung der Steuervermeidung»?").
Nein. Die rechtlichen Abklärungen haben gezeigt, dass solche Massnahmen nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Annahme der Initiative angewendet werden können. Eine rückwirkende Anwendung von neuem Recht kollidiert mit dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Vertrauensgrundsatz, weshalb die Rückwirkung ausdrücklich durch die Verfassungsnorm angeordnet oder sich zumindest klar aus dieser ergeben müsste; dies ist bei den Massnahmen zur «Verhinderung der Steuervermeidung» nicht der Fall.
Die konkrete Ausgestaltung der Massnahmen zur «Verhinderung der Steuervermeidung» müsste im Falle einer Annahme der Initiative vertieft werden. Der Bundesrat macht aber bereits in der Botschaft gewisse Ausführungen dazu.
Aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen wären eine Einschränkung oder gar ein Verbot eines Wegzugs für potenziell von der Erbschafts- und Schenkungssteuer des Bundes betroffene Personen, beispielsweise mittels Passentzug oder Kapitalverkehrskontrollen. Solche Massnahmen würden einen unverhältnismässigen Eingriff in die persönliche Freiheit und die Niederlassungsfreiheit darstellen.
Dies gilt auch für eine Wegzugssteuer, bei der im Zeitpunkt des Wegzuges einer potenziell betroffenen Person, eine vorsorgliche Besteuerung vorgenommen würde. Diese Massnahme wurde bereits öffentlich diskutiert. Diesbezügliche rechtliche Analysen haben gezeigt, dass eine solche Steuer ebenfalls ein unverhältnismässiger Eingriff in die persönliche Freiheit und die Niederlassungsfreiheit wäre, weil ein Wegzug auch aus anderen Gründen als der Steuervermeidung erfolgen kann; er kann zum Beispiel beruflich oder auch familiär bedingt sein.
Eine Massnahme gegen die Steuervermeidung könnte die sogenannte nachwirkende Besteuerung sein: Dabei würde eine Wohnsitzverlegung von der Schweiz ins Ausland für eine gewisse Zeit in dem Sinne nicht anerkannt, als für die Zwecke der Erbschafts- und Schenkungssteuer des Bundes für eine zeitlich beschränkte Zeit – z.B. für 5 Jahre – ein andauernder Wohnsitz in der Schweiz angenommen würde. Würde also eine betroffene Person innert 5 Jahren nach ihrer Wohnsitzverlegung eine Schenkung machen oder versterben, so würde die Schweiz die auf Bundesebene die Erbschafts- oder Schenkungssteuer erheben. Allerdings wäre eine solche nachwirkende Besteuerung u.a. aufgrund der Doppelbesteuerungsabkommen nicht ohne Weiteres durchsetzbar.
Eine nachwirkende Besteuerung wäre auch abgesehen von möglichen Konflikten mit solchen Abkommen nicht ohne Weiteres durchsetzbar. Die Schweiz könnte eine Erbschaftssteuerforderung im Ausland derzeit jedenfalls nicht direkt durchsetzen, weil sie mit keinem Staat die entsprechende Vollstreckungshilfe vereinbart hat.
Der Initiativtext verlangt eine «lückenlose Besteuerung». Dadurch schliesst bereits die Initiative selbst jegliche Ausnahmen von der Besteuerung aus, wie z.B. die Steuerbefreiung von Nachkommen oder des überlebenden Ehegatten oder Steuererleichterungen für in Unternehmen gebundenes oder angelegtes (Familien-) Vermögen.
Die Initiative sieht vor, dass die Kantone die Erbschaft- und Schenkungssteuer des Bundes veranlagen und beziehen müssten. Gleichzeitig würden die Kantone einen Drittel der Einnahmen der neuen Bundessteuer erhalten. Wie der Bund, müssten sie diese Gelder zweckgebunden für die Bekämpfung des Klimawandels einsetzen und die entsprechenden Ausführungsbestimmungen erlassen. Aufgrund der Zweckbindung der Gelder würde der fiskalische Spielraum der Kantone eingeschränkt.
Die Kompetenz der Kantone zur Erhebung ihrer eigenen Erbschafts- und Schenkungssteuern bliebe mit der Annahme der Kantone bestehen. Bis auf Schwyz und Obwalden erheben alle Kantone eine Erbschaftssteuer und 23 Kantone besteuern auch Schenkungen. Jedoch würde sich für die Kantone aufgrund der neuen Bundessteuer die Höhe der von ihnen besteuerten Erbschaften und Schenkungen reduzieren.
Das von der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) in Auftrag gegebene Gutachten von Professor Marius Brülhart kommt zum Schluss, dass bei dem von der Initiative verlangten Steuersatz von 50 Prozent auf Vermögen über 50 Millionen Franken zwischen 77 und 93 Prozent des potenziellen Steuersubstrats abgezogen werden könnte (Das Gutachten ist abrufbar unter: www.estv.admin.ch > Die ESTV > Steuerpolitik STP > Steuerpolitische Gutachten, Berichte, Arbeitspapiere) . Die ESTV schätzt diesen möglichen Verlust gestützt auf detailliertere Daten der Kantone aus einer Ad-hoc-Erhebung noch etwas höher (85 bis 98 Prozent). Von den geschätzten 4 Milliarden Franken theoretischen Steuereinnahmen aus der neuen Erbschafts- und Schenkungssteuer würden somit nach Abwanderungseffekten unter Umständen noch rund 100 bis 650 Millionen Franken übrigbleiben.
Zugleich hätte eine vermehrte Abwanderung von vermögenden steuerpflichtigen Personen aus der Schweiz Steuerausfälle insbesondere bei den bestehenden Einkommens- und Vermögenssteuern zur Folge, deren Erträge heute zu rund 40 Prozent vom einkommens- bzw. vermögensstärksten Prozent der Steuerpflichtigen stammen. Die Umsetzung hätte auch einen negativen Effekt auf die Zuwanderung von sehr vermögenden Personen. Diese würden sich künftig wohl nicht mehr in der Schweiz niederlassen. Unter dem Strich könnte die Annahme der Initiative daher zu einem negativen Einnahmensaldo für die öffentliche Hand führen.
Konkret könnten den Einnahmen aus der neuen Erbschafts- und Schenkungssteuer des Bundes von 100 bis 650 Millionen Franken Ausfälle von schätzungsweise 2,8 bis 3,7 Milliarden Franken bei den Einkommens- und Vermögenssteuern auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene gegenüberstehen. In einem konservativeren Szenario, bei dem nur über 65-jährige steuerpflichtige Personen durch Abwanderung auf die neue Steuer reagieren würden, könnten geschätzt noch zwischen 500 Millionen und 1,1 Milliarden Franken an Einnahmen durch die Erbschafts- und Schenkungssteuer erzielt werden, denen jedoch zu erwartende Ausfälle bei anderen Steuern in Höhe von schätzungsweise 1,3 bis 1,7 Milliarden Franken gegenüberstehen würden.
Schätzungen und Datengrundlagen
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) stützt sich auf folgende drei Quellen, um die finanziellen Folgen der Volksinitiative zu schätzen:
die Daten der gesamtschweizerischen Vermögenssteuerstatistik aus dem Jahr 2021,
eine bei den Kantonen durchgeführte Ad hoc-Erhebung von Einzeldaten zu Steuerpflichtigen mit Reinvermögen von mehr als 50 Millionen Franken und
ein Gutachten von Prof. Marius Brülhart von der Universität Lausanne zum Umfang und der Verteilung des betroffenen Steuersubstrats sowie zu den Verhaltensanpassungen der betroffenen Personen.
Die Schätzungen basieren auf strikten Verfahren und fundierten Analysen. Doch wie alle Schätzungen sind sie mit gewissen Unsicherheitsfaktoren behaftet.
In der Schweiz verfügen schätzungsweise 2500 steuerpflichtige Personen über ein Vermögen von mehr als 50 Millionen Franken. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Steuerpflichtigen, die nach Aufwand besteuert werden und ebenfalls betroffen sein könnten.
Zwar verfügt die ESTV über die unter Frage 11 aufgeführten Daten, jedoch nicht über die empirische Grundlage, um daraus kausale Effekte steuerlicher Änderungen auf das Verhalten vermögender Personen abzuleiten. Für die Abschätzung der Verhaltensreaktionen – insbesondere der Abwanderungswahrscheinlichkeit vermögender Personen – hat die ESTV bei Prof. Marius Brülhart ein externes Gutachten in Auftrag gegeben.
Das Gutachten bringt wissenschaftliche Expertise ein, um unter Verwendung internationaler Evidenz plausible Annahmen zur Mobilität des betroffenen Personenkreises zu treffen. Die externe Schätzung ergänzt die internen Daten um eine verhaltensökonomische Fundierung.
Zusätzlich zur Sichtung der wissenschaftlichen Literatur hat der Gutachter eigene Schätzungen durchgeführt. Diese basieren auf Einzeldaten aus zwei Schweizer Kantonen. Aufgrund der Ad-hoc-Datenerhebung lagen der ESTV hingegen detailliertere Einzeldaten aus 24 Kantonen mit zahlreichen Hintergrundvariablen vor, die genauere Schätzungen ermöglichten.
Zur Einordnung der vorgeschlagenen Steuer wurden internationale Erfahrungen herangezogen, insbesondere aus einem OECD-Bericht von 2021. Dieser zeigt grosse Unterschiede in der Ausgestaltung: Während einige Länder (z.B. USA, UK) Nachlasssteuern erheben, setzen die meisten – wie die Schweizer Kantone – auf Erbanfallsteuern. Viele Staaten gewähren nahen Verwandten höhere Freibeträge und tiefere Sätze; einige Länder (u.a. Österreich, Norwegen, Schweden) haben solche Steuern ganz abgeschafft. In Staaten mit Erbschaftssteuern sind die Sätze meist progressiv und reichen für nichtverwandte Erbinnen und Erben bis zu 80 % (Belgien). Die fiskalische Bedeutung ist generell gering – in der Schweiz lag der Anteil 2019 mit 0,6 % des Gesamtsteueraufkommens leicht höher als im Schnitt der OECD-Staaten und ähnlich hoch wie in Spanien, Dänemark, Deutschland oder den Niederlanden. Darauf hinzuweisen ist, dass die Schweiz als einer der wenigen OECD-Staaten zusätzlich zu den kantonalen Erbschaftssteuern auch eine Vermögenssteuer erhebt.
24 Kantone erheben heute eine Erbschaftssteuer, 23 von ihnen auch eine Schenkungssteuer. Die Einnahmen aus diesen Erbschafts- und Schenkungssteuern beliefen sich im Jahr 2022 insgesamt auf 1399 Millionen Franken (davon 1292 Millionen Franken in den Kantonen und 107 Millionen Franken in den Gemeinden). Gemessen an den Gesamtsteuereinnahmen der Kantone und Gemeinden im Jahr 2022 (86 977 Millionen Franken) bzw. an den Gesamtsteuererträgen der öffentlichen Haushalte (Bund, Kantone und Gemeinden: 162 932 Millionen Franken) ergibt dies einen Anteil von 1,8 bzw. 0,9 Prozent.
Die Aufwandbesteuerung («Pauschalbesteuerung») ist sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch in den Steuergesetzen von 21 Kantonen vorgesehen, wobei der Bund den Kantonen im Steuerharmonisierungsgesetz einen entsprechenden Rahmen vorgibt. Bei der Aufwandbesteuerung wird für die Festlegung der Bemessungsgrundlage auf die jährlichen Lebenshaltungskosten und auf gewisse Mindestbeträge abgestellt.
Aufgrund des vereinfachten Veranlagungsverfahrens verfügen die Kantone nicht über ein vollständiges Bild der Einkommens- und Vermögenssituation von nach Aufwand besteuerten Personen. Daher konnte die ESTV, die sich für die Beurteilung der finanziellen Auswirkungen der Initiative u.a. auf eine bei den Kantonen durchgeführten Ad-hoc-Datenerhebung stützt, diese Gruppe von Steuerpflichtigen bei ihren Schätzungen nicht berücksichtigen. Der Bundesrat hat in der Botschaft auf diesen Umstand ausdrücklich hingewiesen. Professor Brülhart hielt in seinem Gutachten ebenfalls fest, dass er diese Gruppe in seinen Schätzungen nicht berücksichtigen konnte.
Es ist davon auszugehen, dass auch unter Berücksichtigung der Aufwandbesteuerten netto mit Mindereinahmen zu rechnen wäre. Bei Berücksichtigung der Aufwandbesteuerten vergrössert sich zwar das theoretische Ertragspotenzial der Steuer vor Verhaltensanpassungen. Allerdings ist bei diesen Steuerpflichtigen von einer besonders ausgeprägten Steuerempfindlichkeit auszugehen. Diese Personen sind insbesondere auch wegen den günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen vom Ausland in die Schweiz gezogen und sehr mobil. Es ist daher wenig plausibel, von einem Verbleib jener Aufwandbesteuerten auszugehen, die von der Erbschafts- und Schenkungssteuer des Bundes betroffen wären. Entsprechend sollte das mögliche zusätzliche Ertragspotenzial nicht überschätzt werden.
Klimapolitische Aspekte
Dem Bundesrat ist eine aktive Klimapolitik ein grosses Anliegen. Bund und Kantone betreiben bereits heute eine aktive und verursachergerechte Klima- und Energiepolitik, die sich in verschiedenen gesetzlichen Massnahmen, inkl. deren Finanzierung niedergeschlagen hat. Das Klima- und Innovationsgesetz, das revidierte CO2-Gesetz sowie das revidierte Energiegesetz enthalten eine Reihe von gezielten Fördermassnahmen und Anreizen, die einen Beitrag zur Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050 leisten. Mit den bestehenden Massnahmen stellen Bund und Kantone zugunsten von Klima und Energie Gelder im Umfang von jährlich über 2 Milliarden Franken zur Verfügung. Damit wird ein grundsätzliches Anliegen der Initiative, wonach die Schweiz gegen den Klimawandel vorgehen soll, bereits erfüllt.
Bereits heute tragen vermögens- und einkommensstarke Personen überproportional zur Finanzierung von Klimaschutzmassnahmen bei. Rund die Hälfte der Mittel zur Finanzierung der Massnahmen im Klima- und Innovationsgesetz und im CO2-Gesetz stammt aus dem allgemeinen Bundeshaushalt. Bei der direkten Bundessteuer zahlen die obersten 5 % der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen rund zwei Drittel der Einnahmen, während etwa ein Viertel der steuerpflichtigen Personen (mit den tiefsten Einkommen) gar keine direkten Bundessteuern bezahlt.
Die heutige Klimapolitik setzt zudem auf Anreize und gezielte Fördermassnahmen und nimmt nicht zuletzt auch grosse Emittenten wie die Industrie in die Pflicht.
Eine (zusätzliche) Finanzierung über die Erbschaftssteuer würde für vermögende Personen hingegen keinen zusätzlichen Anreiz schaffen, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, da sie die Steuer unabhängig davon entrichten müssten.
Die Wirksamkeit der Klimapolitik ist nicht allein von den zur Verfügung stehenden Mitteln abhängig, sondern vor allem vom Einsatz gezielter Instrumente. Bei einer Förderpolitik mittels hoher Subventionen besteht die Gefahr hoher Mitnahmeeffekte, womit die Mittel ineffizient eingesetzt oder private Investitionen verdrängt werden.
Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)»
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 13. Dezember 2024 die Botschaft zur Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)» verabschiedet. Er lehnt die Initiative der Jungsozialisten (JUSO) ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag ab. Schätzungen zeigen, dass die Initiative beim Bund und insbesondere bei den Kantonen und Gemeinden zu Mindereinnahmen führen könnte. Ausserdem würde sie falsche Anreize im Klimaschutz schaffen.