Wie spart man am besten, Frau Finanzministerin?
NZZ am Sonntag (Daniel Foppa) - Für Karin Keller-Sutter waren Kinobesuche als Studentin Luxus. Die Bundespräsidentin 2025 erklärt, wie sie als Kind sparen lernte.
Frau Bundesrätin, wo sparen Sie persönlich am meisten?
Ich habe kein besonderes Sparprogramm. Wir dürfen nicht vergessen: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Wir können nichts mitnehmen. Es ist für mich deshalb wichtig, im Hier und Jetzt zu leben und mir auch einmal etwas zu leisten, wenn es drinliegt.
Kennen Sie privat auch so etwas wie eine Schuldenbremse?
Ich gebe nicht mehr aus, als ich habe. Einmal abgesehen vom Kauf von Wohneigentum, für das sich fast alle verschulden, ist das die Schuldenbremse, die eigentlich jede und jeder kennt und einhalten muss. Und ich setze auch Prioritäten. Man kann sich nicht alle Wünsche auf einmal erfüllen.
Haben Sie finanzielle Entscheide getroffen, die Sie heute bereuen oder anders machen würden?
Natürlich habe ich den einen oder anderen Kauf im Nachhinein bereut. Aber insgesamt bringt es nichts, in die Vergangenheit zu schauen und mit solchen Entscheidungen zu hadern.
Gab es in Ihrem Leben, zum Beispiel während des Studiums, auch Situationen, in denen Sie knapp bei Kasse waren?
Während des Studiums musste ich mein Taschengeld immer einteilen. Ein Kinobesuch war für mich Luxus. Deshalb habe ich in den Semesterferien immer gearbeitet: als Kassierin im Supermarkt oder bei meinen Eltern zu Hause im Restaurant. Damit habe ich selbst auch zu den Kosten für das Studium oder für Extras wie zum Beispiel Anschaffungen oder Ferien beigetragen.
Welche Sparmassnahme, welcher Verzicht hat Sie damals besonders geschmerzt?
Ich kann mich an keine besondere Sparmassnahme erinnern. Aber ich habe bereits als Kind früh gelernt, dass man nicht immer alles haben kann und vor allem auch selbst etwas beitragen muss, wenn man sich etwas leisten will.
Haben Sie eine goldene Regel, die Sie bei Finanzangelegenheiten anwenden?
Nein, das habe ich nicht. Natürlich halte ich mich auch privat daran, dass man nicht mehr ausgeben soll, als reinkommt. Seit vielen Jahren lege ich jeden Monat auch einen Betrag für die Ferien zur Seite und natürlich für die Steuern. Mit dieser Art von Rückstellungen habe ich gute Erfahrungen gemacht. Böse Überraschungen können damit verhindert werden.
Nun sind Sie zuständig dafür, Geld auszugeben, das andere erwirtschaftet haben. Wie gehen Sie damit um?
Sorgfältig. Ich vertrete die Interessen der Steuerzahlenden. Der Staat muss mit angemessenen Mitteln ausgestattet sein, damit er seine Kernaufgaben erfüllen kann. Das garantiert, dass der Staat gerade in Krisenzeiten handlungsfähig ist. Der Staat darf aber nicht vergessen, dass die Mittel, die er ausgibt, vorher von den Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft erwirtschaftet werden müssen. Er muss deshalb dafür sorgen, dass der Steuerfranken möglichst effizient eingesetzt wird und am richtigen Ort ankommt.
Wie überzeugt man Politiker vom Sparen?
Indem man sie immer wieder darauf hinweist, dass eine solide Finanzpolitik entscheidend für den Wohlstand und die Sicherheit unseres Landes ist. Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus reicht, um zu sehen, dass eine hohe Verschuldung kein Rezept für die Schweiz sein kann. Natürlich hat jede Politikerin und jeder Politiker eine andere Vorstellung davon, wofür man Geld ausgeben soll. Es gehört zum demokratischen Prozess, diese Prioritäten auszuhandeln. Die Schuldenbremse wirkt hier disziplinierend. Am Ende müssen alle aufeinander zugehen, und man muss sich zusammenraufen.
Schwierige Frage für eine Kassenwartin: Gibt es auch einen Bereich, in dem der Bund mehr ausgeben und investieren sollte?
Gegenfrage: Gibt es einen Bereich, in dem der Bund nicht heute schon Jahr für Jahr mehr ausgibt? Einzig bei der Landwirtschaft sind die Ausgaben stabil geblieben. Im Januar wird der Bundesrat das Entlastungspaket 27 in die Vernehmlassung schicken. Das Paket beruht auf den Ergebnissen der Expertengruppe Gaillard. Man wolle damit den «Staat kaputtsparen», hat es schon geheissen. Fakt ist: Selbst wenn es gelingt, das Entlastungspaket 27 vollständig umzusetzen, werden die Ausgaben noch jährlich um 2 Prozent wachsen.
Wie haben Sie es geschafft, dass sich die zerstrittenen Parlamentarier am Schluss doch auf ein Budget geeinigt haben?
Indem ich ihnen die Finanzlage des Bundes sowie die in der Verfassung angelegte Schuldenbremse immer wieder in Erinnerung gerufen habe. Die Budgethoheit liegt beim Parlament. Ich kann nur im Gespräch versuchen, dieses Bewusstsein und die Verantwortung für das grosse Ganze zu schärfen.
Sie sprechen die Budgethoheit des Parlaments an. Aber Hand aufs Herz: Wo genau hätten Sie anders oder mehr oder weniger gespart als das Parlament?
Das ist kein Geheimnis, die Differenzen sind öffentlich, zumal der Bundesrat dem Parlament ja ein Budget beantragt hat. Gemäss seinem Antrag wären die Ausgaben für die Armee weniger rasch angewachsen. Der Plan des Bundesrates sah Mehrausgaben von 20 Milliarden bis 2035 vor. Im Budget 2025 hat das Parlament die Armeeausgaben zusätzlich um 500 Millionen für das kommende Jahr aufgestockt. Wenn diese Entscheide in den nächsten Jahren weitergezogen werden, dann kommen bis 2035 nochmals mehrere Milliarden dazu. Ich habe im Parlament darauf hingewiesen, dass der Budgetausgleich für 2025 zwar erreicht wurde, sich der Bereinigungsbedarf für die Folgejahre jedoch akzentuiert hat. Im Moment ist jedoch entscheidend, dass das Parlament einen Voranschlag verabschiedet hat, der schuldenbremsenkonform ist.
Es gab verschiedene Finanzminister, an die man sich noch erinnert – etwa Otto Stich, der Sparfuchs, oder Kaspar Villiger, der Vater der Schuldenbremse. Was zeichnet einen guten Finanzminister, eine gute Finanzministerin aus?
Ausdauer, eine gewisse Frustrationstoleranz und die Kraft, sich auch einmal unbeliebt zu machen.
Die Finanzlage des Bundes ist düster. Was rettet uns über die nächsten Jahre?
Die Einsicht, dass man auf Dauer nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt, steckt tief in uns Schweizerinnen und Schweizern drin. Das gehört zu unserer DNA. Genauso wie unser Gemeinsinn: Wenn es hart kommt, ist man auch einmal bereit, zugunsten des Gemeinwohls eigene Interessen zurückzustellen. Ich bin fest überzeugt, dass wir mit dieser Mentalität unsere Finanzprobleme lösen können.
Federal Councillor Karin Keller-Sutter

Presidential year 2025
Karin Keller-Sutter will serve as Federal President in 2025.

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Federal Councillor Karin Keller-Sutter has been Head of the Federal Department of Finance FDF since January 2023.

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